aktBuerg

Aktive Bürger =
Starke Kommunen

In den letzten Jahren ist in Hessen ein beispielhaftes Netz von bürgerschaftlichen Initiativen entstanden. In Zeiten immer knapper werdender öffentlicher Haushaltsmittel haben die Bürgerinnen und Bürger die Notwendigkeit erkannt, in ihrer Kommune selbst "mit anzupacken".
In Hessen sind rund 2 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig. Neben der freiwilligen Feuerwehr engagieren sich die Bürgerinnen und Bürger in Vereinen und Organisationen im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich. Viele Menschen wollen sich allerdings nicht mehr in fest gefügten Strukturen engagieren. Sie wollen vielmehr punktuell und auf Zeit mitarbeiten.
Der Hessische Städte- und Gemeindebund möchte das in den Mitgliedskommunen bereits vorhandene bürgerschaftliche Engagement bekannt machen und den Anstoß, aber auch Unterstützung geben, dass in möglichst vielen Gemeinden und Städten der freiwillige Einsatz der Bürger gefördert wird.

Aktive Bürger

Lautertal – Dorfentwicklung mit Mehrwert

Wie soll sich unser Dorf entwickeln? Wie können in den Ortskernen der ländlich geprägten Kommunen eine gute Wohn- und Lebensqualität erhalten bzw. geschaffen werden?
Auf diese Fragen wird seit 2012 mit dem sogenannten Integrierten kommunalen Entwicklungskonzept (IKEK) geantwortet. Zielsetzung ist die Erarbeitung von künftigen Schwerpunkten, Zielen und Leitprojekten in der dörflichen Entwicklung.

Lautertal-Wappen-bunt

Die Auswahl bzw. Schwerpunktsetzung in der Dorfentwicklung sowie die notwendige Konzentration bürgerschaftlichen Engagements in den Ortsteilen ist im IKEK ein wichtiges Ziel.  Dabei richten die Akteure der Dorfentwicklung in Hessen den Blick jetzt stärker als bisher auf die gesamtkommunale Ebene. Der Grund dafür liegt in der größeren inhaltlichen Bandbreite von bürgerschaftlichen Beteiligungsprojekten: Eine größere Themenbreite, die regionale Vernetzung, neue Themen mit stärkerer gesamtkommunaler bzw. interkommunaler Ausrichtung werden aufgerufen.

Kernthemen sind dabei die Innenentwicklung (einschließlich Leerstand und Baulücken), die Verringerung des Flächenverbrauchs, die Energieeffizienz oder die Sicherung und Stärkung der Daseinsvorsorge vor Ort. Das integrierte Dorfentwicklungskonzept erlaubt es zudem, verschiedene staatliche Fördertöpfe und Fonds in Anspruch zu nehmen.

Am Beispiel der Gemeinde Lautertal kann die Erfahrung mit dem integrierten kommunalen Entwicklungskonzept aufgezeigt werden.

Die Gemeinde Lautertal liegt mit ihren sieben Ortsteilen und rund 2.700 Einwohnern im Naturpark Hoher Vogelsberg. Die Gesamtfläche wird zu mehr als die Hälfte landwirtschaftlich genutzt und besteht zu einem großen Teil aus Waldungen. Die schöne Landschaft kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Vogelsberg stark an Einwohnern verliert. Kleinere Orte verlieren tendenziell stärker Bevölkerung als größere Orte, Dörfer, die weiter von städtischen Zentren und von Infrastruktureinrichtungen entfernt liegen, schrumpfen stärker als Dörfer in deren Nähe.

Die Prognosen zu Bevölkerungsrückgang, Alterung und Zuwanderung sowie der Wettbewerb der Regionen um Zuzug und Neubürger werden für die Kommunen zu einem immer wichtigeren Thema. Gemeinden sind dazu aufgefordert, für ihre Situation passende Handlungsstrategien und konkrete Gestaltungslösungen zu entwickeln. Vor Ort können die Handlungserfordernisse am verlässlichsten erkannt und am besten gebündelt werden. Gerade Lautertal ist als kleine Gemeinde im ländlichen Raum mit den strukturellen Nachteilen hier reich an Erfahrungen und Ideen.

Leerstände und Altbaurenovierungen

Mit einer Bestandsaufnahme, die für die ganze Kommune sowie auf sieben lokalen Veranstaltungen in den Ortsteilen im Mai 2012 erfolgten, wurden die inhaltlichen Grundlagen des IKEK erstellt. Ideen wurden diskutiert, wie die Stärkung der Dorfgemeinschaft, Angebote für Kino und Jugendliche oder die Verbesserung der Erreichbarkeit von Ärzten oder Lebensmittelgeschäften sein kann. Es gab aber auch Vorschläge für die Verschönerung der Ortsbilder und vieles andere mehr.

Als Leitprojekte in der Dorferneuerung standen beispielsweise der Umbau einer Kindertagesstätte, eine Zukunftswerkstatt mit Jugendlichen oder die kommunale Verteilung von Jugendtreffpunkten auf der Agenda.

Die Bürgerinnen und Bürger machen sich auch Gedanken über die Leerstände in der Gemeinde. Hier haben sich Arbeitsgemeinschaften gefunden, die die Eigentümer von Immobilien über Fördermöglichkeiten informieren. Gebäude wurden besichtigt sowie der Denkmalschutz von einzelnen Ensembles thematisiert. Bei einer Scheune konnte eine Abbruchgenehmigung erwirkt werden und zwei langjährige Leerstände haben inzwischen neue Eigentümer. Das historische Rathaus von Lautertal, errichtet 1867, wurde im Dachgeschoss neu geplant und saniert. Dies sind kleine und mittlere Projekte, die aber deutlich machen, dass sich die Menschen bewusst mit der Zukunft ihrer Gemeinde auseinandersetzen. Ein weiteres Projekt nahm sich der Lautertaler Heckenlandschaft an. Dabei ging es um das Wahrnehmen eigener landschaftlicher Schätze, so auch mit einem Projekt, bei dem sieben Dörfer erwandert worden sind.

Stärkung der Dorfgemeinschaften

Dorfentwicklung macht sich aber nicht nur an den Gebäuden fest. Im Ortsteil Hopfmannsfeld geht es im Zuge der Dorferneuerung um einen Treffpunkt und Spielplatz für alle Generationen, der von den Einwohnern  gestaltet werden soll. Gesellschaftliche Verabredungen wie Spieleabende, Informationsveranstaltungen (Patientenverfügung, Handhabung eines Computers) oder gemeinsame Ausflüge stärken die Dorfgemeinschaft.

Das Entwicklungskonzept in Lautertal wurde von Anfang an gesamtkommunal aufgestellt, auch um Kirchturmdenken der einzelnen Dörfer zu vermeiden. Die Auftaktveranstaltungen in den Ortsteilen wurden sehr gut besucht. Die Arbeitsgruppen treffen sich weiterhin regelmäßig. Ergebnisse aus den Ortsteilen werden im Rathaus gesammelt. In der breit aufgestellten Steuerungsgruppe sind Vertreter der örtlichen Teams, der Ortsbeiräte, der Vorsitzende der Gemeindevertretung, der Erste Beigeordnete, die Verwaltung und Planer aktiv, die sich alle 3 Monate treffen.

Beteiligung geht weiter

Dabei, so Bürgermeister Heiko Stock, ist das Verhältnis von der Steuerungsgruppe zur Politik nicht immer stressfrei. Die repräsentative Demokratie vor Ort lernt mit einer direkten Bürgerbeteiligung umzugehen. Dabei ist wichtig, dass die Budgetverantwortung letztlich bei der Gemeindevertretung liegt.

Was bleibt ist die Erfahrung, dass in schwierigen Zeiten öffentlicher Haushalte etwas gemeinsam mit den Menschen geht. Als Symbol kann da der neue Eichenröder Jugendraum dienen. „Bei Wind und Wetter haben die jungen Leute ein ganzes Jahr lang an den Wochenenden sowie manche Wochentage bis spät abends mit sehr viel Fleiß an dem neuen Jugendtreff gearbeitet“, so Ortsvorsteher Thomas Möser. „Es wurden insgesamt rund 9700 Arbeitsstunden von ihnen in Eigenleistung erbracht.“ Das neue Gebäude wurde direkt an das Dorfgemeinschaftshaus  und das Feuerwehrgerätehaus angebaut, in der Nähe von Kinderspiel-, Fest- und Bolzplatz, sodass, „die Jugend in der Mitte des Dorfes seinen Treffpunkt hat“.