aktBuerg

Aktive Bürger =
Starke Kommunen

In den letzten Jahren ist in Hessen ein beispielhaftes Netz von bürgerschaftlichen Initiativen entstanden. In Zeiten immer knapper werdender öffentlicher Haushaltsmittel haben die Bürgerinnen und Bürger die Notwendigkeit erkannt, in ihrer Kommune selbst "mit anzupacken".
In Hessen sind rund 2 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig. Neben der freiwilligen Feuerwehr engagieren sich die Bürgerinnen und Bürger in Vereinen und Organisationen im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich. Viele Menschen wollen sich allerdings nicht mehr in fest gefügten Strukturen engagieren. Sie wollen vielmehr punktuell und auf Zeit mitarbeiten.
Der Hessische Städte- und Gemeindebund möchte das in den Mitgliedskommunen bereits vorhandene bürgerschaftliche Engagement bekannt machen und den Anstoß, aber auch Unterstützung geben, dass in möglichst vielen Gemeinden und Städten der freiwillige Einsatz der Bürger gefördert wird.

Aktive Bürger

Neu-Anspach – ein flexibles Netz für das Ehrenamt

neu-anspach
Der Hessenpark lockt viele Besucherinnen und Besucher nach Neu-Anspach

Neu-Anspach ist eine junge Stadt. Die Kommune im Hochtaunuskreis erhielt 2007 die Stadtrechte. Die Stadt entstand im Zuge der Gebietsreform 1970 als freiwilliger Zusammenschluss der vorher selbständigen Gemeinden Anspach, Rod am Berg und Hausen-Arnsbach. Westerfeld kam als vierter Ortsteil Ende 1971 hinzu. Die vier Ortsteile haben nicht nur jeweils eine besondere Geschichte, sondern eigene Traditionen, eine örtliche Vereinslandschaft und eine gewachsene Ortsstruktur. Einzig im Norden der Gemarkung Anspach entstand zwischen den Ortsteilen ein Neubaugebiet mit einer neuen Ortsmitte.

Bürgerschaftliches Engagement ist für eine Stadt wie Neu-Anspach der Kitt, der das Gemeinwesen zusammenhält. Ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger sichern den Zusammenhalt in den vier gewachsenen Ortschaften, die Arbeit der zahlreichen Vereine stärkt die Eigenverantwortung und hilft die gemeindlichen Aufgaben nachhaltig zu lösen. Die Neu-Anspacher sind aktiv, immerhin gehören mehr als 10.000 Bürgerinnen und Bürger der Einwohnerschaft (15.000) einem Verein oder einer ehrenamtlichen Organisation an. Geht es um das Jubiläum des Förderkreises Freilichtmuseum Hessenpark e.V., dann zeigen die aktiven Bürgerinnen und Bürger „Flagge“ und tragen mit viel Engagement entsprechende Veranstaltungen mit. Werden der Kommune im Hochtaunuskreis Flüchtlinge zugewiesen, entsteht sofort ein ehrenamtliches Netzwerk, das den Asylbewerbern bei ihrem Ankommen in der Kommune behilflich ist.

Im demografischen Kontext gehört Neu-Anspach zu den Gewinnern. Im Weichbild von Bad Homburg gelegen, siedeln sich viele Menschen in der Kleinstadt an, es verlassen aber auch andere Einwohner aus beruflichen Gründen die Taunusstadt wieder. Die relativ hohe Fluktuation stellt die Stadt vor eine Herausforderung. Hier hat sich gezeigt, dass das Netz des Ehrenamtes flexibel ist und nachbarschaftliche Hilfe als ein Mittel der gesellschaftlichen Integration von Neubürgern funktioniert.

Das Ehrenamt in Neu-Anspach genügt sich aber nicht nur selbst, sondern nimmt soziale Herausforderungen an. Beispielsweise hat in kurzer Zeit der örtliche Präventionsrat an Profil gewonnen: Ehrenamtliche engagieren sich in der Sucht- und Gewaltprävention, insbesondere für junge Leute. Projekte in den Kindertagesstätten, Grundschulen aber auch in der weiterführenden Schule sind nur mit einem entsprechenden bürgerschaftlichen Engagement denkbar. Auch die kommunalen Gremien wie der Seniorenbeirat oder der Ausländerbeirat binden zivilgesellschaftliche Kräfte in der Taunusstadt.

Bürgerschaftliches Engagement ist entgegen einer weitverbreiteten Meinung nicht rückläufig. Die Tätigkeit verlagert sich nur von traditionellen Organisationen und Vereinen auf neue Formen der Selbstorganisation. Oft ist hier ein auslösendes Moment die eigene Betroffenheit, die Menschen in ein Engagement bringt. So ist Bürgermeister Klaus Hoffmann froh, dass viele Menschen auch „auf Zuruf“ bereit sind, sich für die Kommune und ihre vier Ortsteile einzusetzen.

Um das „neue Ehrenamt“ zu aktivieren, hat sich in Neu-Anspach auch eine Freiwilligenagentur gegründet. Die interkommunal arbeitende Einrichtung (in Neu-Anspach, Usingen und Schmitten) sucht Menschen, die bereit sind, in Projekten mitzuarbeiten. Sei es in der Sprachförderung von Menschen mit Migrationshintergrund, als Lesepaten oder in der Integration von Kindern und Jugendlichen in das Leben in der Taunusstadt – für jede und jeden wird eine passende Tätigkeit gesucht.

Claudia Bröse, die Initiatorin der Freiwilligenagentur Usingerland e.V. setzt darauf, dass nicht nur Angebot und Nachfrage im zivilgesellschaftlichen Engagement zusammen kommen müssen, sondern auch Weiterbildungsangebote für Ehrenamtliche zu organisieren sind. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die bürgerschaftlich Aktiven besonders Fortbildungsangebote auch als Zeichen der Wertschätzung ihrer Tätigkeit wünschen.

Mit Sorge nehmen die Verantwortlichen im Neu-Anspacher Rathaus aber auch aktuelle Entwicklungen im Ehrenamt wahr. Wie beispielsweise die Monetarisierung des Ehrenamts. Ohne erforderliche Rahmenbedingungen und deren Finanzierung kann ehrenamtliches, bürgerschaftliches Engagement auch in Zukunft nicht stattfinden. Es gibt jedoch gleichzeitig viele ungeklärte Aspekte, ob, in welchem Umfang und für welche Personen Geld in Zusammenhang mit ihrem individuellen Engagement fließen soll (Übungsleiterpauschale). Bei bezahlten Leistungen im Verein ist sicher nicht mehr von Ehrenamt zu sprechen.

Gleichzeitig ist bei aller berechtigten Sorge um die Absicherung eines ehrenamtlichen Einsatzes ein Trend spürbar, alle Risiken des Lebens über Versicherungen abfedern zu wollen. Die Versicherungsfrage wird hier zu einem ernsthaften Hindernis für die notwendige Einbeziehung von Freiwilligen.

Ungleich hoffnungsvoller ist die Entwicklung im sozialen Engagement. Eine wachsende Zahl von Menschen ist bereit Zeit, Geld und Aufmerksamkeit für wichtige gesellschaftliche Anliegen einzubringen, auch das wird in Neu-Anspach wahrgenommen.

Ehrenamt braucht auch ein Zuhause. So wird in den Räumen des alten Rathauses in Neu-Anspach in der Bahnhofstraße Platz geschaffen für aktive Bürgerinnen und Bürger. Hier entsteht ein Gemeinschaftshaus ganz neuer Prägung, in dem vor allem „Nachbarschaftshilfe“ unterstützend angeboten wird. So ist die Tafel im Hochtaunuskreis mit ihrer örtlichen Ausgabestelle schon in das alte Rathaus bereits eingezogen. Einmal in der Woche werden Lebensmittel an bedürftige Bürgerinnen und Bürger hier in Neu-Anspach ausgegeben.