Fachinformationen Asyl / Flüchtlinge

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Bundeskabinett beschließt weitere Beteiligung des Bundes an den flüchtlingsinduzierten Kosten von Ländern und Kommunen

Das Bundeskabinett hat die fortgesetzte Beteiligung des Bundes an den flüchtlingsbezogenen Kosten von Ländern und Kommunen bis Ende 2019 beschlossen. Die Integrationspauschale wird fortgeführt und auf 2,4 Milliarden Euro aufgestockt. Die Kommunen werden auch im kommenden Jahr von den flüchtlingsinduzierten Kosten der Unterkunft in Höhe von voraussichtlich rund 1,8 Milliarden Euro entlastet.

Weitere 1,5 Milliarden Euro erhalten die Länder rückwirkend über die sog. „Spitzabrechnung“ der vom Bund gezahlten Pauschalen pro Asylbewerber und abgelehnten Asylbewerber. Zudem zahlt der Bund den Ländern weitere 500 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung. Durch die vorzeitige FDE-Abfinanzierung fällt die sachliche Grundlage für die Beteiligung der Kommunen an den Kosten der Länder folgerichtig entsprechend bereits ab dem kommenden Jahr weg. Aus Sicht des DStGB ist anzuerkennen, dass die Bundeshilfen, insbesondere die Integrationskostenpauschale und die Unterbringungskosten, für das kommende Jahr fortgezahlt bzw. aufgestockt werden. Allerdings muss bezweifelt werden, ob diese Mittel ausreichen. Die tatsächlich anfallenden Kosten für die Unterbringung, Integration und das nötige Personal in Kommunen dürften im Hinblick auf die steigende Zahl Geflüchteter mit Bleibeperspektive, aber auch derjenigen, die ausreisepflichtig sind, jedoch nicht zurückgeführt werden können, höher ausfallen. Darüber hinaus benötigen die Kommunen für eine erfolgreiche Integration Planungssicherheit und eine entsprechend dauerhaft auskömmliche Finanzierung über das Jahr 2019 hinaus.

Das Bundeskabinett befasste sich am Mittwoch mit einem Gesetzesentwurf zur weiteren Beteiligung des Bundes an den Integrations-kosten der Länder und Kommunen und zur Regelung der Folgen der Abfinanzierung des Fonds „Deutsche Einheit“. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde beraten und beschlossen.

Die während des Flüchtlingsandrangs 2016 vereinbarten Bundes-Hilfen für Länder und Kommunen sollen um ein weiteres Jahr bis Ende 2019 verlängert werden, zudem fallen Nachzahlungen des Bundes im Zuge der Spitzabrechnung an.

  1. Die Integrationspauschale wird fortgeführt und von 2 Milliarden um 435 Millionen Euro für flüchtlingsbezogene Bedarfe im Bereich der Kinderbetreuung aufgestockt (Mittel fließen den Ländern über die Umsatzsteuerverteilung zu).
  2. Der Bund trägt auch im kommenden Jahr die flüchtlingsinduzierten Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von voraussichtlich 1,8 Milliarden Euro.
  3. Nach der personenscharfen Spitzabrechnung für den Zeitraum September 2016 bis August 2018 erhalten die Länder über die Umsatz-steuer zusätzlich zu den vom Bund bereits gezahlten Pauschalen pro Asylbewerber und abgelehnten Asylbewerber Nachzahlungen in Höhe von 1,455 Milliarden Euro. Die Höhe der Abschlagszahlungen für die Monate September 2018 bis Dezember 2018 beläuft sich auf zusammen rund 153 Millionen Euro.
  4. Für das Jahr 2019 erhalten die Länder über die Umsatzsteuer rund 482 Millionen Euro als Abschlagszahlung für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Länder für Asylbewerber und Flüchtlinge. Die exakte Abrechnung für jeden Flüchtling wird auch 2019 fortgesetzt und soll im Jahr 2020 erfolgen.
  5. Über eine Änderung des Entflechtungsgesetzes stehen den Ländern im Jahr 2019 zweckgebunden zusätzlich 500 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau als Kompensationsmittel zur Verfügung.

In keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Flüchtlingskosten stehen die Gesetzesänderungen im Zuge der vorzeitigen Abfinanzierung des „Fonds Deutsche Einheit“ (FDE). Dieser wird aufgrund der Zinsentwicklung in den vergangenen Jahren bereits ein Jahr früher, also bis Ende dieses Jahres, abfinanziert sein. Eine finanzielle Beteiligung der Länder an der FDE-Abfinanzierung des Bundes ist somit nicht mehr erforderlich. Entsprechend wird die vertikale Umsatzsteuerverteilung für die Jahre ab 2019 um einen jährlich gleichbleibenden Festbetrag in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro zugunsten der Länder und zulasten des Bundes geändert. Damit entfällt auch die sachliche Grundlage für die von den Gemeinden zu leistende Mitfinanzierung der FDE-Finanzierungslasten ihrer jeweiligen Länder über eine erhöhte Gewerbesteuerumlage, § 6 Absatz 5 des Gemeindefinanzreformgesetzes (GemFinRefG) ist damit nicht mehr erforderlich und wird aufgehoben. Der entsprechend erhöhte Landesvervielfältiger der westdeutschen Kommunen von zuletzt 4,3 Prozentpunkten fällt damit ab dem Jahr 2019 weg, dies entspricht rund 516 Millionen Euro. Unberührt hiervon bleibt aber die sog. Solidarpaktumlage (Landesvervielfältiger von 29 Prozentpunkten), die auch im Jahr 2019 für die westdeutschen Kommunen noch anfallen wird.

Bewertung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes - DStGB

Aus Sicht des DStGB bestehen Bedenken, ob die vom Kabinett beschlossenen zusätzlichen Mittel für die Integrationskosten bei Ländern und Kommunen ausreichen und eine dauerhafte Finanzierung der Integration sicherstellen können. Es ist zweifelsfrei anzuerkennen, dass die Bundesregierung die 2016 vereinbarten Bundes-Hilfen für die Unterbringung und Integration der Geflüchteten fortsetzt und bereits angekündigt wird, weitere Milliarden Euro für die Jahre 2019 bis 2022 vorzusehen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die aufgestockte Integrationskostenpauschale und die Unterkunftskosten. Das Geld wird dringend für die Unterbringung und das Einsetzen von Personal in Kitas und Schulen benötigt. Verbindlich geregelt wird jedoch mit dem aktuellen Gesetzesentwurf lediglich die Finanzierung der Integrationskosten in Ländern und Kommunen bis Ende 2019. Damit wird den Kommunen keine ausreichende Planungssicherheit für all ihre Anstrengungen im Bereich der Integration der anerkannten Geflüchteten und derjenigen mit Bleibeperspektive gewährt. Aktuell kann das nötige Personal vor Ort in den Kommunen, wie zum Beispiel Lehrer und Lehrerinnen, Erzieher und Erzieherinnen oder Sozialpädagogen nur befristet eingestellt werden. Zudem ist die dezentrale Unterbringung in geeigneten Wohnraum eine immense Herausforderung. Es wird eine dauerhaft gesicherte Finanzierung über das Jahr 2019 hinaus benötigt. Zudem muss der Bund zwingend auch die Kosten für die geduldeten und rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber, die aus bestimmten Gründen weder ausreisen noch abgeschoben werden können, berücksichtigen.

Schließlich setzt jede Finanzierung des Bundes voraus, dass das Geld auch bei den Kommunen ankommt. In vielen Bereichen machen die Kommunen seit Jahren die schlechte Erfahrung, dass der Bund sich für kommunale Aufgaben engagiert, aber die Länder die Mittel jedenfalls nicht vollständig weiterleiten. Das ist umso bedauerlicher, als die Haupt-last der Flüchtlingsunterbringung, -versorgung und -integration eben nicht bei den Ländern, sondern bei den Städten und Gemeinden vor Ort liegt. Die Unterbringung, Versorgung und Integration ist eine kommunale Aufgabe; die Finanzierung muss zugunsten der Kommunen gesamtstaatlich durch Bund und Länder organisiert werden. Die Aufstockung der Integrationspauschale um 435 Mio. Euro wird mitunter mit flüchtlingsbezogenen Bedarfen im Bereich der Kinderbetreuung begründet. Positiv hervorzuheben ist das grundsätzliche Bewusstsein, dass Kommunen insbesondere bei der durch die Kinderbetreuung entstehenden integrationsbezogenen flüchtlingsinduzierten Mehrkosten entlastet werden. Zwar wird selbst eine vollständige Weiterleitung der Mittel hier nicht die Mehrausgaben decken, aber es ist immerhin ein erster Schritt. Wichtig ist aber auch hier, dass es einer Finanzierungsperspektive über das kommende Jahr hinaus bedarf. Wir müssen ausschließen, dass die langsam einsetzenden Fortschritte der Integration vor Ort durch Unsicherheiten in der Finanzierung gefährdet werden.

Da mit der vorzeitigen Abfinanzierung des FDE die sachliche Grundlage für die in § 6 Abs. 5 GemFinRefG geregelte Mitfinanzierung der westdeutschen Gemeinden an den FDE-Finanzierungslasten ihrer Länder entfällt, ist die entsprechende Aufhebung des § 6 Abs. 5 GemFinRefG nur folgerichtig. Hingewiesen sei in Bezug auf die sog. Solidarpaktumlage, dass diese zwar auch im kommenden Jahr anfallen wird, aber positiv festzuhalten ist, dass am Auslaufen dieser Umlage nach dem Jahr 2019 festgehalten wird und der vom Kabinett verabschiedete Gesetzesentwurf keine Aufweichung oder gar Entfristung der Solidarpaktumlage vorsieht.

Der Regierungsentwurf kann unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_II/19_Legislaturperiode/00-Integrationskosten-und-Abfinanzierung-Fond-DE/2-Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2  abgerufen werden

 

(DStGB, 10.10.2018)