Förderrichtlinie Programm „Sport und Flüchtlinge“ veröffentlicht
Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport hat im Staatsanzeiger Nr. 52 vom 21. Dezember 2015 S. 1360 die Förderrichtlinie Programm „Sport und Flüchtlinge“ mit folgendem Inhalt veröffentlicht:
- Zielsetzung/Präambel
Das Programm „Sport und Flüchtlinge“ verfolgt das Ziel, hessische Städte und Gemeinden, die Sport- und Bewegungsangebote für Flüchtlinge initiieren möchten, in ihrem Engagement zu unterstützen. Die vielfältigen Sport- und Bewegungsangebote bieten sehr gute Möglichkeiten, Flüchtlingen schnell und unkompliziert das Ankommen in ihren Städten und Gemeinden zu erleichtern.
Folgende zwei Bereiche werden innerhalb des Programms gefördert:
a) Sport- und Bewegungsangebote der Sportvereine und anderer Institutionen in den Städten und Gemeinden
b) Einsatz von „Sportcoaches“, die den Kontakt zwischen Sportvereinen, Asylbetreuung, Flüchtlingsunterkünften und Flüchtlingen herstellen sowie Flüchtlinge in der ersten Zeit zu den Sportangeboten begleiten.
- Antragsberechtigt
Antragsberechtig sind alle hessischen Städte und Gemeinden, die zum Antragszeitpunkt 40 oder mehr Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften (eigene und/oder Einrichtungen des Landkreises), in Erstaufnahmeeinrichtungen (inklusive deren Außenstellen und „Notaufnahmeeinrichtungen“) sowie in sonstigen Unterbringungsformen untergebracht haben. Gemeinden, die zum Antragszeitpunkt weniger als 40 Flüchtlinge untergebracht haben, können in Form einer interkommunalen Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden gemeinsam einen Antrag stellen.
- Fördervoraussetzungen
3.1 Die Gemeinde hat zum Antragszeitpunkt mindestens 40 Flüchtlinge aufgenommen.
3.2 Die Gemeinde zeigt auf, für welche der vier folgenden Verwendungszwecke sie die Förderung verwendet:
3.2.1 Aufwandsentschädigung für den Sportcoach und/oder
3.2.2 Aufwandsentschädigung für Personen, die Sportangebote für Flüchtlinge anleiten und/oder
3.2.3 Sachmittel für Sportangebote mit Flüchtlingen (insbesondere Sportkleidung, -material, Transportkosten) und/oder
3.2.4 Einmalzahlung für Schulungsmaßnahmen gemäß Ziffer 3.5
3.3 Die Gemeinde muss nach Abstimmung mit der „Sportjugend Hessen im Landessportbund e.V.“ mindestens einen Sportcoach benennen. Nimmt eine Gemeinde eine sehr große Anzahl von Flüchtlingen auf, kann sie weitere Sportcoaches benennen. Die Sportjugend Hessen stellt den Gemeinden ein Anforderungsprofil und eine Aufgabenbeschreibung eines Sportcoaches zur Verfügung und ist bei der Suche von geeigneten Sportcoaches behilflich.
3.4 Der benannte Sportcoach nimmt – zur Sicherstellung einer fachlich qualitativen Betreuung der Flüchtlinge – an einer speziell auf die Arbeit mit Flüchtlingen ausgerichteten Schulung der Sportjugend Hessen teil.
3.5 Die Gemeinde entrichtet an die Sportjugend Hessen eine einmalige pauschale Zahlung in Höhe von 250,- € pro Sportcoach für Schulungsmaßnahmen. Der Betrag kann aus der Bewilligungssumme beglichen werden. An einzelnen Schulungsmaßnahmen können nach Abstimmung mit der Sportjugend Hessen, weitere, auf kommunaler Ebene in die Arbeit mit Sportcoaches eingebundene Personen, teilnehmen. Hierfür sind keine gesonderten Schulungskosten zu entrichten.
3.6 Zur Erreichung des Förderzwecks darf die Gemeinde Fördermittel an Dritte weitergeben.
- Umfang der Förderung
4.1 Erfüllt eine antragstellende Gemeinde, die Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterbringungsformen unterbringt, die Fördervoraussetzungen, erhält sie eine pauschale Zuwendung. Die Höhe der Zuwendung staffelt sich in Abhängigkeit der Anzahl der untergebrachten Flüchtlinge wir folgt:
Anzahl unterge- Bewilligungsvolumen
brachte Flüchtlinge
< 40 Gemeinden, die zum Antragszeitpunkt weniger als 40
Flüchtlingen untergebracht haben, können in Form inter-
kommunaler Zusammenarbeit gemeinsam mit anderen
Gemeinden einen Antrag stellen, insoweit insgesamt
Mindestens 40 Flüchtlinge untergebracht wurden
40 – 250 5.000 Euro
251 – 500 10.000 Euro
501 – 750 15.000 Euro
751 – 1.000 20.000 Euro
> 1.000 25.000 Euro
4.2 Erfüllt eine antragstellende Gemeinde, in der eine Erstaufnahmeeinrichtung (inklusive deren Außenstellen und „Notaufnahmeeinrichtungen“) besteht, die Fördervoraussetzungen, kann eine einmalige pauschale Zuwendung für Erstaufnahmeeinrichtungen gewährt werden. Die Höhe der Zuwendung staffelt sich in Abhängigkeit der Anzahl der untergebrachten Flüchtlinge wie folgt:
Anzahl unterge- Bewilligungsvolumen
brachte Flüchtlinge
40 – 250 5.000 Euro
251 – 500 10.000 Euro
501 – 750 15.000 Euro
751 – 1.000 20.000 Euro
> 1.000 25.000 Euro
- Antragsverfahren
5.1 Mit dem Antragsformular „Sport und Flüchtlinge“ ist von der Gemeinde verbindlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen der Förderung nach Ziff. 3 erfüllt sind und eine zweckgebundene Verwendung der Mittel gemäß Ziff. 3.2 erfolgt.
5.2 Der Antrag ist dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport über die Sportjugend Hessen spätestens bis zum 1. Oktober 2016 vorzulegen. Die Frist ist gewahrt, wenn der Antrag bis zu diesem Tag bei der Sportjugend Hessen eingeht. Diese nimmt zu dem Antrag Stellung und leitet ihn an das Hessische Ministerium des Innern und für Sport weiter, sobald ein Sportcoach durch die Gemeinde in Abstimmung mit der Sportjugend Hessen benannt und für die Schulung angemeldet wurde.
- Bewilligungsverfahren
Die eingegangenen Förderanträge werden nach Maßgabe der im Landeshaushalt bereitgestellten Mittel und unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Sportjugend Hessen vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport bewilligt, sofern die Anerkennungskriterien erfüllt sind. Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport entscheidet abschließend über die Bewilligung.
Ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht nicht.
- Auszahlung
Die Zuweisung wird in einer Summe im Haushaltsjahr 2016 ausgezahlt. Nimmt der Sportcoach bis zum 30. April 2017 nicht an der speziell auf die Arbeit mit Flüchtlingen ausgerichteten Schulung der Sportjugend Hessen teil oder zeigt sich, dass die übrigen Bewilligungsvoraussetzungen nicht vorliegen, ist der Betrag von der Gemeinde zurückzuzahlen.
- Verwendungsnachweis
Die Gemeinde garantiert mit unterzeichnetem Antragsformular „Sport und Flüchtlinge“, dass die Mittel zweckgebunden gemäß Ziffer 3.2 verwendet werden. Ein gesonderter Verwendungsnachweis ist nicht erforderlich.
- Bekanntmachung und Geltungsdauer
Das Programm wir den Gemeinden durch Erlass auf dem Dienstweg sowie durch Veröffentlichung auf der Internetseite des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport (www.hmdis.hessen.de) bekannt gegeben.
Es tritt am 1. Januar 2016 in Kraft und mit Ablauf des 30. April 2017 außer Kraft.
Hinweis der Geschäftsstelle:
Die Geschäftsstelle ist zum Entwurf der Förderrichtlinie seitens des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 mit einer Äußerungsfrist von lediglich 3 Tagen angehört worden. Dennoch hat sich die Geschäftsstelle kritisch gegenüber dem Ministerium zu dem Richtlinienentwurf positioniert. Die nunmehr veröffentlichte Förderrichtlinie entspricht dennoch weitestgehend dem Richtlinienentwurf. Im Schreiben vom 12. Oktober 2015 hat das Ministerium zudem klargestellt, dass das Förderprogramm aus dem Landesausgleichsstock finanziert wird.
An dem aufgelegten Förderprogramm bestehen seitens der Geschäftsstelle erhebliche Kritikpunkte.
- Zwar werden nach Ziff. 1 der Förderrichtlinie (RL) sowohl Sport- und Bewegungsangebote in Vereinen und anderen Institutionen als auch der Einsatz von Sportcoaches gefördert. Dennoch ist nach Ziff. 3.3 in Verbindung mit Ziff. 5.1 RL offenbar in jedem Fall für die Förderung zwingend erforderlich, dass ein Sportcoach benannt wird. Das bedeutet, dass ein solcher von der antragsberechtigten Gemeinde auch dann zu benennen ist, wenn lediglich Sport- und Bewegungsangebote von Vereinen gefördert werden sollen und es daher eines solchen Coaches überhaupt nicht bedarf.
- Für die Benennung eines Sportcoaches ist die Abstimmung der Gemeinde mit der Sportjugend Hessen nach Ziff. 3.3 RL zwingend vorgeschrieben; der Sportcoach muss zudem dem durch die Sportjugend Hessen aufgestellten Anforderungsprofil genügen. Im Ergebnis wird damit der Gemeinde die Entscheidungsfreiheit genommen, ob und welcher Personen sie sich für die Betreuung der Flüchtlinge im Bereich des Sports bedient. Sie muss den Anforderungen der Sportjugend Hessen unabhängig davon nachkommen, ob diese sachgerecht und sinnvoll sind und auch den Interessen der Kommune entsprechen.
- Nach Ziff. 3.4 in Verbindung mit Ziff. 3.5 RL muss der zwingend vorgeschriebene Coach eine Schulung bei der Sportjugend Hessen besuchen, welche mit einem Pauschalbetrag von 250,- € von der Gemeinde mit kommunalen Geld – sei es aus dem jeweiligen kommunalen Haushalt, sei es mit einem Anteil der Fördermittel aus dem Landesausgleichsstock – zu bezahlen ist. Die Kommunen sollen also für ihr Engagement bei Ausführung einer freiwilligen Leistung, nämlich der Betreuung von Flüchtlingen im Bereich des Sports, kommunales Geld an eine nicht kommunale Institution zahlen und dies auch noch in Form einer Pauschale, d.h. ohne Nachweis tatsächlicher Kosten.
- Die Sportjugend Hessen wird auch in das Antragsverfahren eingebunden. Nach Ziff. 5.2 RL ist der Antrag bei der Sportjugend zu stellen. Diese leitet ihn mit einer eigenen Stellungnahme versehen an das Ministerium weiter. Im Ergebnis wird somit die Entscheidung über den Antrag und damit die Entscheidung über die Zuweisung kommunalen Geldes an eine Kommune vom Wohlwollen - um nicht zu sagen Gutdünken - einer dritten Stelle abhängig gemacht.
- Nach Ziff. 7 RL ist der Förderbetrag insbesondere dann zurückzuzahlen, wenn der Coach nicht rechtzeitig an der Schulung der Sportjugend Hessen teilnimmt. Hierin zeigt sich in aller Deutlichkeit die Zweckverfehlung des Förderprogramms. Es ist nicht darauf ausgerichtet, dass durch bzw. über die Kommunen eine effiziente und sinnvolle Betreuung der Flüchtlinge im Bereich des Sports initiiert wird. Denn hierfür bedarf es insbesondere bei der Förderung von Sport- und Bewegungsangeboten der Sportvereine nicht zwingend eines Coaches. Zudem wird unterstellt, dass ohne eine entsprechende Schulung keine adäquate Betreuung der Flüchtlinge möglich wäre. Schließlich wird unabhängig davon, dass die Schulung nur mit 250,- € der Fördersumme dotiert ist, die gesamte Fördersumme zurückgefordert, ohne dass es auf eine zweckentsprechende und sinnvolle Verwendung der Restsumme ankäme.
Wir bitten um Kenntnisnahme.