Forderungskatalog des Hessischen Städte- und Gemeindebundes zur aktuellen Flüchtlingsproblematik
Vorab ist zu unterscheiden zwischen der Erstaufnahme der Flüchtlinge, die eine Landesangelegenheit ist, und der daran anschließenden Folgeunterbringung durch und in den Kommunen. Der hier vorliegende Forderungskatalog soll sich ausschließlich mit letzterem befassen.
Es wird darauf hingewiesen, dass auf Seiten der betroffenen Kommunen, aber auch ehrenamtlich tätiger Bürger, ein enormes Engagement zu verzeichnen ist. Dem steht auf Seiten des Landes eine Zersplitterung der Thematik sowohl zwischen einzelnen Ministerien, als auch innerhalb der einzelnen Ministerien gegenüber. Dieses von außen betrachtet „unkoordinierte“ Vorgehen des Landes ruft auf Seiten der Betroffenen Verunsicherung hervor und erschwert ein zielgerichtetes Tätigwerden. So wird beispielsweise bei der „Integrationskonferenz“ eine „Arbeitsgruppe Zuwanderung und Flüchtlinge“ geführt, beim Hessischen Ministerium für Soziales und Integration die Qualifizierungsmaßnahmen für Freiwillige in der Flüchtlingsarbeit organisiert, beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie und Landesentwicklung ein „Runder Tisch Flüchtlingsunterbringung“ eingerichtet, etc. Unseres Erachtens ist eine Stelle, die die Arbeit der einzelnen Akteure bündelt und koordiniert, nicht nur zwingend erforderlich, sondern unerlässlich. Insoweit wird sich zeigen, ob die erfolgte Übertragung dieser Aufgaben auf den Chef der Staatskanzlei eine Verbesserung bringt.
I. Anerkennung und Unterstützung für Ehrenamt
1. Problemstellung
Wie bereits oben dargestellt, besteht auf Seiten der betroffenen Kommunen, aber auch ehrenamtlich tätiger Bürger, ein enormes Engagement. Dies dokumentiert sich daran, dass zwischenzeitlich fast alle Städte und Gemeinden über sog. Helferkreise verfügen, die entweder von Bürgern, Wohlfahrtsorganisationen, Kirchen, Städten und Gemeinden, oder Landkreisen organisiert werden.
Meist fühlen sich diese ehrenamtlichen Helfer mit der Thematik und den Problemen überfordert. Es fehlt insoweit an einem zentralen Ansprechpartner auf Landesebene für die Ehrenamtlichen. Oftmals fehlt es bereits an Informationen darüber wie Bürger helfen können, in welcher Form dies geschieht und welche rechtlichen Vorgaben hierbei zu beachten sind.
2. Forderungen
- Aus diesen Gründen fordern wir einen zentralen Ansprechpartner für alle Fragen, die im Zusammenhang mit ehrenamtlicher Tätigkeit bei der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen, auftreten.
- Zu klären ist insbesondere die rechtliche Situation der Helfer. So muss klar sein, wer überhaupt unter den Begriff des ehrenamtlichen Helfer fällt (in Abgrenzung zu rein privaten, freiwilligen Tätigkeiten). Denn hieran knüpft zwingend die Frage des Versicherungsschutzes an. Unseres Erachtens müsste zumindest sichergestellt sein, dass die ehrenamtlich Tätigen unter den Rahmenvertrag des Landes über die Versicherung der ehrenamtlich Tätigen fallen.
- Daneben fordern wir konkrete Hilfestellungen für die betroffenen Verwaltungen vor Ort, da diese regelmäßig erster Ansprechpartner für Fragen im Zusammenhang mit dem Ehrenamt sind.
II. Klarheit in rechtlicher Hinsicht schaffen
1. Problemstellung
Im Bereich der Zuständigkeiten und Aufgabenfinanzierung besteht eine Gemengelage aus unklaren Zuständigkeitsregelungen sowie unklaren Finanzierungsfolgeregelung. Das Landesaufnahmegesetz (LAG) weist sowohl den Landkreisen als auch den kreisangehörigen Gemeinden die Aufgabe der Unterbringung von Flüchtlingen als übertragene Aufgabe zu.
2. Forderungen
- Wir fordern daher eine klare Zuständigkeitsabgrenzung. Primär und ausschließlich zuständig für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen sollten die Landkreise sein. Denn die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen ist eine Aufgabe, welche einer überörtlichen, d.h. kreisweiten, Koordination bedarf.
- Falls entgegen dieser Forderung die Gemeinden weiterhin gesetzlich verpflichtet werden sollen, Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen, bedarf es einer klaren Abgrenzung der Zuständigkeiten im Rahmen der Unterbringung. Der Gesetzgeber muss klarstellen, welche einzelnen Leistungen welche öffentlich-rechtliche Körperschaft konkret zu erbringen hat. Es bedarf mithin einer konkreten Aufzählung und Benennung der einzelnen Aufgabenbereiche, für die die kreisangehörigen Kommunen zuständig sind. An diese klare Zuständigkeitsabgrenzung anknüpfend muss ebenso klar geregelt werden, welche einzelnen finanziellen Erstattungen die jeweilige Körperschaft unmittelbar erhält. In diesem Zusammenhang ist auch die Regelung einer adäquaten finanziellen Erstattung erforderlich.
- Zur Vermeidung sozialer Spannungen und Erleichterung der Integration sollten die Landkreise als Regelfall zu einer dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge verpflichtet werden.
- Die Nutzung von Sport- und Turnhallen für die Unterbringung kann nur als ultima ratio in Betracht kommen.
- Selbstverständlich soll hierdurch nicht ein Engagement der kreisangehörigen Städte und Gemeinden ausgeschlossen werden. Dieses sollte sich aber auf die Bereiche beziehen, die Städte und Gemeinden mit ihrer größeren Orts- und Bürgernähe besser bewältigen können – insbesondere die nachhaltige Mobilisierung ehrenamtlichen Engagements.
- Die Kostenerstattung im Zusammenhang mit kommunalen Hilfeleistungen bei der Schaffung von Erstaufnahmeeinrichtungen ist umfassend sicher zu stellen.
III. Finanzielle Ausstattung der Kommunen für die Flüchtlingsunterbringung verbessern
1. Problemstellung
Im Bereich der Zuständigkeiten und Aufgabenfinanzierung besteht neben unklaren Zuständigkeitsregelungen auch das Problem einer unklaren Finanzierungsfolgeregelung. Das Landesaufnahmegesetz (LAG) sieht gestaffelte Erstattungspauschalen für die Landkreise und Gemeinden vor.
Im Zusammenhang mit diesen Regelungen vertritt das Land die Auffassung, die Erstattungspauschalen würden allein den Landkreisen zustehen, während hingegen den kreisangehörigen Gemeinden ein Erstattungsanspruch der tatsächlichen Kosten nach der Asylbewerberleistungsgesetzdurchführungsverordnung zustünde. Demgegenüber reichen die Landkreise weder die Erstattungspauschalen in voller Höhe an die kreisangehörigen Gemeinden weiter, noch wird eine tatsächliche Vollkostenerstattung nach der Asylbewerberleistungsgesetzdurchführungsverordnung gewährt.
Darüber hinaus sind die Erstattungen für die Kosten der Unterbringung nicht kostendeckend. Eine zusätzliche Schieflage entsteht in denjenigen Fällen, in denen Landkreise bzw. kreisfreie Städte die ihnen zugewiesenen Flüchtlinge nicht in ihrem Gebiet, sondern im Gebiet einer anderen Körperschaft unterbringen. Die Erstattungspauschalen nach dem LAG sind regional nach den unterschiedlichen Lebenshaltungskosten gestaffelt. Bei einer gebietsfremden Unterbringung wird der eigentliche Zweck der Erstattungspauschalen ausgehöhlt und zugleich Belastungen für Kommunen geschaffen, denen keinerlei finanzielle Gegenleistung gegenüberstehen, die den Verteilungsschlüssel unterlaufen und den betroffenen Kommunen auch eigene Unterbringungsmöglichkeiten entziehen.
Der mit den Kommunalen Spitzenverbänden für das Jahr 2016 gefundene Kompromiss zu den Erstattungspauschalen stellt einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar, darf aber nicht das Ende der Diskussion sein.
2. Forderungen
- Die Pauschalen nach dem LAG sind kostendeckend unter Einschluss der Personal- und Verwaltungskosten zu bemessen. Auch Folgeantragsteller sind zu berücksichtigen. Das Land muss im Jahr 2016 in Zusammenarbeit mit den Kommunalen Spitzenverbänden die tatsächlich für die Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge erforderlichen Kosten ermitteln und den Erstattungspauschalen zu Grunde legen.
- Der auf zwei Jahre begrenzte Bezugszeitraum ist zu entfristen.
- Wir fordern eine gesetzliche Regelung, dass Landkreise und kreisfreie Städte sowie kreisangehörige Gemeinden die Unterbringung der ihnen zugewiesenen Flüchtlinge in ihrem eigenen Gebiet zu leisten haben. Eine gebietsfremde Unterbringung darf nur im Rahmen einer einvernehmlichen Verbundlösung mit der örtlich betroffenen Kommune und durch entsprechend finanzielle Berücksichtigung bei der Erstattung der Kosten möglich sein. Jedenfalls darf bei der Unterbringung durch die jeweilige Kommune mit den Flüchtlingen nicht dergestalt ein finanzieller Gewinn erzeugt werden, dass hohe Erstattungspauschalen des Ballungsraums kassiert werden und gleichzeitig die Flüchtlinge in günstigen ländlichen Bereichen untergebracht werden
- Wir fordern, dass vom Bund für die Landkreise, Städte und Gemeinden zur Entlastung im Rahmen der Unterbringung zur Verfügung gestellten Finanzmittel ungefiltert an die Städte, Gemeinden und Landkreise weitergeleitet werden. Auch darf deren Anrechnung im kommunalen Finanzausgleich nicht erfolgen, da sonst der Entlastungseffekt zunichte gemacht würde.
- Soweit den Kommunen im Rahmen der Integration, beispielsweise durch Sprachkurse, Aufnahme von Kindern in die Kindertagesstätten, Einrichtung von Integrationsklassen etc., Folgekosten entstehen, müssen diese im kommunalen Finanzausgleich als freiwillige Leistung zu 100 % berücksichtigt werden.
- Das Land muss eine Bundesratsinitiative zur Änderung von Art. 91 GG auf den Weg bringen, damit Unterbringung und Integration von Flüchtlingen künftig auch eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern ist.
IV. Standardflexibilisierung
1. Problemstellung
Die Aufnahme und Unterbringung der nicht vorhergesehenen Menge an Asylbewerbern und Flüchtlingen bringt die Kommunen an die Grenzen ihrer Kapazitäten. Um die menschenwürdige Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge weiterhin gewährleisten zu können, aber auch um eine künftige Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen und zu erleichtern, muss das Land den Kommunen ausreichend Freiräume und flexible Handlungsmöglichkeiten an die Hand geben.
2. Forderung
Das Land muss die Möglichkeiten zur Öffnung und gegebenenfalls Abbau hindernder Standards prüfen.
V. Anpassungen des Baurechts – Ermöglichen statt Verhindern!
1. Problemstellung
Grundsätzlich stellt es sich als Problem dar, dass Flüchtlinge den betroffenen Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden äußerst kurzfristig zugewiesen werden. Daneben stellt sich das geltende Baurecht im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung als wenig dynamisch dar. Gerade Nutzungsänderungsgenehmigungen dauern zu lange, Genehmigungsfristen sind – für den Bereich der Flüchtlingsunterbringung – zu großzügig bemessen und die bauordnungsrechtlichen Anforderungen schwierig zu erfüllen. Hinsichtlich der Planung von Gebieten für Flüchtlingsunterbringung stellt sich oftmals das besondere Artenschutzrecht als Problem dar, da notwendige gutachterliche Erhebungen Planungsprozesse in erheblichem Maße verzögern. In vielen ländlichen Gebieten gibt es Leerstände, deren Umnutzung aber oft auf bau- und denkmalschutzrechtliche Hindernissen scheitert.
2. Forderungen
- Wir fordern daher eine möglichst frühzeitige Information der betroffenen Landkreise und kreisangehörigen Kommunen, dass diese Zeit haben sich auf zu erwartende Flüchtlinge, welche von Ihnen untergebracht werden müssen, und die daraus resultierenden Folgen, bspw. i.R.d. Wasserver- und Abwasserentsorgung, der eventuell notwendig werdenden Infrastruktur, einzustellen. Belastende Standards wie beispielsweise der Eigenkontrolle sind auszusetzen oder möglichst abzuschaffen.
- Im Bauordnungsrecht fordern wir eine Beschleunigung, beispielsweise durch Verkürzung der Frist des § 57 Abs. 2 S. 2 HBO für kommunale Baumaßnahmen im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung und unter der Voraussetzung, dass – falls erforderlich – das Einvernehmen gemeinsam mit dem Antrag erteilt wird.
- Weiter wäre zu denken an eine „Typengenehmigung“ für einzelne Unterbringungsarten – beispielsweise für Mobilheime als Ersatz für Wohncontainer - und eine Absenkung der Standards der Beherbergungsverordnung.
- Darüber hinaus erscheinen uns Handlungsempfehlungen der Obersten Bauaufsichtsbehörde sowie des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hinsichtlich der Vereinfachungs- und Beschleunigungsmöglichkeiten für Planungs- und Baumaßnahmen im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterbringung für geboten.
- Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass uns einige Fälle bekannt geworden sind, in denen Schwierigkeiten bei der Versicherung von Gebäuden, die zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden sollen, aufgetreten sind. In Fällen in denen nachweisbar keine Versicherung abgeschlossen werden kann, müsste das Land eine Garantieerklärung für die nicht versicherbaren Risiken abgeben.
- Die Umnutzung von Leerständen muss erleichtert werden, insbesondere muss es Dispensmöglichkeiten von bestehenden denkmalschutzrechtlichen Verpflichtungen geben.
VI. Wohnraum mobilisieren
1. Problemstellung
Sozialer Wohnungsbau ist in den zurückliegenden Jahren eher zurückgefahren worden. Viele Wohnungen sind aus der Sozialbindung gefallen. Bestehende planungsrechtliche Vorgaben und der Dorferneuerung erschweren den Ausweis von Baugebieten im ländlichen Raum.
2. Forderungen
- Sozialer Wohnungsbau ist zu fördern. Erforderlichenfalls muss der Gesetzgeber klarstellen, dass bauplanungsrechtliche Verfahrensvereinfachungen und –beschleunigungen für den sozialen Wohnungsbau anzuwenden sind. Daneben sollte auch die Möglichkeit zur preisgünstigen Schaffung von Wohneigentum stärker gefördert werden. Soweit landes- und regionalplanerische Vorgaben und Fördervoraussetzungen der Dorferneuerung (Verzicht auf die Ausweisung von Baugebieten) ersichtlich von einer anhaltend rückläufigen Bevölkerungsentwicklung ausgehen, sind diese Vorgaben schnellstens anzupassen. Insoweit ist die Geschäftsgrundlage entfallen.
- Im Rahmen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung investiver Kredite des gemeindlichen Haushalts muss - zumindest durch einen Finanzplanungserlass - mehr Flexibilität für Maßnahmen zur Unterbringung von Flüchtlingen auch bei defizitärer Haushaltslage gewährt werden.
VII. Handhabbare Standards in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen
1. Problemstellung
Nicht zuletzt angesichts wachsender Steuereinnahmen und einer zurückgehenden Anzahl von Kindern und Jugendlichen lag der Gesetzgebung in Bund und Ländern vielfach die Vorstellung zu Grunde, dass höhere Standards personell und finanziell leistbar würden. Aktuell zeigt sich aber, dass Vorgaben etwa für die Personalausstattung im Jugendhilfebereich bei der Betreuung in Tageseinrichtungen und unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge aus Mangel an qualifiziertem Personal nicht eingehalten werden können. Derzeit werden Abweichungen von vorgegebenen Standards geduldet. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss der Gesetzgeber das aber nachvollziehen, um zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeiten im Interesse der in diesen Bereichen Tätigen sicher auszuschließen.
2. Forderungen
- Wir fordern Erleichterungsmöglichkeiten hinsichtlich des Betreuungsschlüssels in Kindertagesstätten und bei der Betreuung unbegleiteter Minderjähriger, um im Einzelfall flexibel, unbürokratisch und ohne zusätzliche finanzielle Belastungen eine adäquate Integration von Flüchtlingskindern in einzelne Gruppen zu ermöglichen. Nur so lässt sich auch Rechtssicherheit für die vor Ort in der Betreuung Tätigen erreichen!
VIII. Beschäftigung von Flüchtlingen und Asylbewerbern erleichtern
1. Problemstellung
Angesichts der langen Verfahrensdauer der Asylverfahren, halten sich Asylbewerber und Flüchtlinge für einen verhältnismäßig langen Zeitraum in den kommunalen Unterbringungseinrichtungen auf. Während dieser Zeit sieht das Asylbewerberleistungsgesetz vor, diesen Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten. Mit Blick auf die Integration sowie zur Aktivierung der Flüchtlinge sind solche Beschäftigungsmöglichkeiten sinnvoll. Die Einschränkung, dass eine Beschäftigung nur erfolgen darf, wenn die entsprechenden Arbeiten sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde, führt bei den Kommunen zu einer Verunsicherung, wozu die Flüchtlinge und Asylbewerber jeweils im Einzelfall eingesetzt werden dürfen.
2. Forderung
Wir regen eine Handlungsempfehlung zur unbürokratischen Handhabung der Beschäftigung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zur gemeinnützigen Arbeit in den Kommunen und bei Dritten an. Die bisher im Asylbewerberleistungsgesetz enthaltenen Beschäftigungsmöglichkeiten rufen bei den Kommunen Verunsicherung hervor und verhindern eher eine Beschäftigung.
IX. Asylverfahren beschleunigen, Ausreisepflichten durchsetzen
1. Problemstellung
Asylverfahren nehmen viel Zeit in Anspruch. Nach Art. 16a GG findet für Personen, die über sichere Drittstaaten einreisen, grds. ein Asylverfahren nicht statt. Nach europäischem Recht sind Asylanträge dort zu stellen, wo der Einreisende erstmals den Geltungsbereich der einschlägigen europarechtlichen Bestimmungen betritt. Das ist in aller Regel nicht die Bundesrepublik. Dieser bestehende rechtliche Rahmen muss wieder angewendet werden. Das soll indes nicht ausschließen, dass Bund, Länder und Gemeinden im Rahmen gemeinsam getragener europäischer Lösungen zur Entlastung der Staaten mit EU-Außengrenzen weiterhin in erheblichem Umfang Flüchtlinge aufnehmen.
Ausreisepflichten werden nicht durchgesetzt.
2. Forderungen
- Asylverfahren und anschließende Gerichtsverfahren müssen beschleunigt werden. Durch eine frühzeitige Registrierung bei Einreise in die Europäische Union lässt sich die Zahl neuer Asylverfahren in Deutschland auf Grundlage geltenden Rechts drastisch beschränken.
- Dies wird sich nur durchsetzen lassen, wenn Deutschland sich sowohl bei der Aufnahme als auch der Registrierung von Flüchtlingen in anderen EU-Staaten erheblich engagiert.
- Es müssen Anreize für die freiwillige Ausreise geprüft werden, soweit diese nicht erfolgt, müssen die Möglichkeiten zur erleichterten Abschiebung Ausreisepflichtiger konsequent genutzt werden.
- Zusätzlich ist es dringend geboten, an die Landkreise und kreisangehörigen Gemeinden nur diejenigen Personen zuzuweisen, bei denen nicht von vornherein eine Abschiebung feststeht. Dies betrifft insbesondere alle diejenigen Personen, welche aus sicheren Drittstaaten kommen. Deren Zuweisung verursacht unnötige Kosten bei den Kommunen und führt bei den ehrenamtlichen Helfern zur Frustration.
- Soweit Personen aus sicheren Drittstaaten bereits zugewiesen und untergebracht sind, sollte deren Ausreise erfolgen.
X. Verbesserung der Kita-Finanzierung
1. Problemstellung
Der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz gilt für Flüchtlinge nach überwiegender Ansicht solange nicht, wie sie sich nur vorübergehend in der Gebietskörperschaft aufhalten. Spätestens mit Abschluss des Asylverfahrens stellt sich aber die Frage, ob der Rechtsanspruch besteht. Mit dem kurzfristigen erheblichen Zuzug dürften also in weitem Umfang zusätzliche Betreuungsplätze erforderlich werden. Das ist auch unter integrationspolitischen Aspekten wünschenswert. Probleme entstehen aber durch den zusätzlichen Finanzbedarf bei den Einrichtungs- und angesichts der verbreitet nicht gegebenen finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern auch bei den zur Kostenübernahme verpflichteten Jugendhilfeträgern.
2. Forderungen
- Der Bund muss Investitionen in neue Kitaplätze mittelfristig sowie auf Dauer merkliche Teile der Betriebskosten übernehmen. Insofern hat die Schaffung der Rechtsansprüche eine politische Verantwortung der Bundesebene für erhebliche Teile der Kosten der Kinderbetreuung begründet, der der Bund bisher nur sehr lückenhaft nachkommt.
- Die Zuweisungen an die Jugendhilfeträger müssen realistisch bemessen und die (Wieder-)Einführung eines Sonderlastenausgleichs im KFA geprüft werden. Auch die Sonderbedarfe für Soziales, die das neue FAG in geringem Umfang anerkennt, sind in diesem Zusammenhang zu überprüfen.
XI. Beschleunigte Verfahren und rasche Ausreise von Straftätern
1. Problemstellung
Aus den Mitgliedsstädten und –gemeinden wird immer wieder die Erfahrung herangetragen, dass einzelne Straftäter unter den Flüchtlingen die Akzeptanz der Unterbringung insgesamt gefährden. Dabei richten sich Straftaten teils gegen andere Flüchtlinge ebenso wie gegen Dritte. Nach Presseberichten terrorisierte ein Asylbewerber im mittelhessischen Siegbach seine Mitbewohner über Monate.
2. Forderungen
- Die Möglichkeiten der Strafprozessordnung für beschleunigte Verfahren sind zu nutzen.
- Die örtlichen kommunalen und Strafverfolgungsbehörden sollten einen Ansprechpartner bekommen, um bei den betreffenden Personen auf einen raschen Abschluss des Asylverfahrens hinzuwirken.
- Das Land sollte die betreffenden Personen gesondert unterbringen, um Mitbewohner und Anwohner zu schützen.
XII. Stärkung der Polizeipräsenz vor Ort
1. Problemstellung
Ausweislich der Rückmeldungen aus unseren Mitgliedsstädten und –gemeinden wird im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung häufig der Wunsch nach höherer Polizeipräsenz vorgetragen. Wegen der zunehmenden rechtsextremen Gewalt bedürfen zum einen Flüchtlingsunterkünfte Schutz. Zum anderen sollte auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung gestärkt werden. Zwar besteht kein Zusammenhang zwischen Flüchtlingsunterbringung und der nach Presseberichten steigenden Zahl von Wohnungseinbrüchen. Hinzu kommen aber auch Demonstrationen von Befürwortern und Gegnern der Flüchtlingsunterbringung, die objektiv zusätzliche Einsätze der Polizei erfordern. Gleichwohl ist das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung so oder so beeinträchtigt. Es würde die Akzeptanz für die Flüchtlingsaufnahme stärken, wenn – unbeschadet des fehlenden inhaltlichen Zusammenhangs – die Polizeipräsenz sichtbar wüchse.
2. Forderung
Die Präsenz der Polizei in der Fläche sollte erkennbar gestärkt werden.
XIII. Weichen für die Zukunft stellen
1. Problemstellung
Die derzeitigen Diskussionen und Maßnahmen befassen sich weitgehend lediglich mit den aktuellen und akuten Problemen der Erfassung und Aufnahme und Unterbringung der täglich neu ankommenden Flüchtlinge und Asylbewerber sowie mit der Abarbeitung der Asylverfahren. Bisher nicht im Fokus stehen die an den Abschluss der Asylverfahren anschließenden Folgeprobleme. Bei eine Anerkennungsquote von lediglich 50% und einem inzwischen erwarteten Zuzug von über 1 Mio. Flüchtlinge bundesweit kommen nach dem Königsteiner Schlüssel auf Hessen über 70.000 Flüchtlinge mit Bleibeperspektive zu. Bei einem möglichen Familiennachzug dürfte diese Zahl sich um den Faktor 3-4 erhöhen. Diese Menschen müssen aufgenommen und integriert werden und kommen in die Sozialsysteme. Gleichzeitig nehmen sie am gemeinschaftlichen Leben teil, nutzen öffentliche Einrichtungen, suchen Arbeit und gehen in Kindergarten und Schule. Die Aufnahme und Integration wird in den kommenden Jahren erhebliche Anstrengungen und (finanziellen) Aufwand von Bund, Ländern und Kommunen erfordern. Zudem ist der Gefahr der Bildung von Parallelgesellschaften entgegenzuwirken.
2. Forderung
- Die Politik muss ihren Fokus erweitern und die langfristigen Folgeprobleme schon jetzt in Angriff nehmen.
- Es müssen die finanziellen, organisatorischen und institutionellen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen.
- Nach dem Grundsatz „Fördern und Fordern“ sollte in Form von Integrationsvereinbarungen zwischen Bund/Land, anerkannten Flüchtlingen bzw. Asylbewerbern und Kommunen Integrationsvereinbarungen ermöglicht werden, die klare Schritte in Richtung einer langfristigen Integration vorgeben. Gleichzeitig kann durch diese Vereinbarungen eine Anreizwirkung zur Ansiedlung im ländlichen Raum gesetzt werden, wodurch einer Bildung von Parallelgesellschaften in den Ballungsräumen entgegengewirkt werden kann.