Fachinformation eGoverment

Digitalisierungsstrategien: Hessische Kommunen setzen Zeichen

Die Hessische Staatskanzlei hat jüngst im Rahmen des Programms „Starke Heimat Hessen“ eine Richtlinie zur Förderung der Digitalisierung der hessischen Kommunen veröffentlicht. Im Jahr 2020 wird eine Förderung über Zuwendungen an alle hessischen Kommunen nach einem finanzkraftabhängigen Verteilschlüssel erfolgen.

Ziel ist die Schaffung „Digitaler Rathäuser“. Neben der klassischen IT in den Bereichen Hardware, Software und digitaler Infrastruktur (eGovernment) geht es auch um Schulungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Erstellung von Digitalisierungsstrategien bzw. Digitalisierungskonzepten.

Was die Digitalisierungsstrategien betrifft, kann auf die positiven Erfahrungen im Land Baden-Württemberg zurückgegriffen werden. Ein solcher Prozess wurde dort im Jahr 2019 gestartet. Im Rahmen des Landeswettbewerbs „Digitale Zukunftskommune@bw“ haben seitdem 50 Städte, Gemeinden und Kreise mit finanzieller Unterstützung des Landes Digitalisierungsstrategien erstellt. Der Autor dieses Beitrages hat gemeinsam mit der Servicegesellschaft des Gemeindetages Baden-Württemberg 17 Kommunen bei der Arbeit unterstützt und die Prozesse begleitet. Die Erkenntnisse sind beindruckend und erfolgversprechend. Ziel war es, eine Digitalisierungsstrategie bzw. Digitale Agenda gemeinsam mit Bürgerinnen, Bürgern, kommunalen Vertretern, Verwaltungsmitarbeitern, lokalen Verbänden, Stiftungen, Unternehmen und der Wissenschaft zu entwickeln und durch den Rat zu verabschieden. Dabei ging es konkret um Handlungsempfehlungen und um konkrete Maßnahmen, die bis 2025 umgesetzt werden müssen. Zusätzlich wurden entsprechende Förderprogramme identifiziert. Der Strategieprozess war auf sechs Monate angelegt und konnte in allen Kommunen erfolgreich umgesetzt werden. Dabei wurden aktuelle Herausforderungen und Veränderungen, wie zum Beispiel struktureller und demografischer Wandel, wirtschaftliche Veränderungen, Energiewende, neue Bürgerdienste oder Mobilitätsbedarfe aufgegriffen. Bereits bestehende kommunale Konzepte wurden digital weiterentwickelt. Die kommunale digitale Agenda orientiert sich an den alltäglichen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger sowie der lokalen Unternehmen.

Der Prozess begann in den Kommunen mit einem ersten Treffen des Bürgermeisters und der Führungskräfte, in dem eine vorab online erstellte Ist-Analyse mit ca. 140 Fragen über den konkreten Stand der Digitalisierung in der Kommune erörtert wurde. Im zweiten Schritt wurde der Gemeinderat über die Ergebnisse unterrichtet. Anschließend wurden eine Zukunftskonferenz bzw. ein Zukunftsworkshop mit Bürgerinnen, Bürgern, Unternehmen, Vertreter von Schulen und sonstigen Einrichtungen durchgeführt. Eingebunden waren auch lokale und regionale Startups. Im Rahmen von Worldcafés wurde an Thementischen über die Zukunft der Kommune diskutiert, Ideen gesammelt und konkrete Vorschläge unterbreitet. An den thematisch ausgeflaggten Tischen nahmen jeweils auch Vertreter der Verwaltung teil. Sie bekamen so einen guten Überblick über die Anliegen ihrer Bürger bzw. der Vertreter von Wirtschaft und Einrichtungen. Zentraler Dreh- und Angelpunkt an den Arbeitstischen war die Digitalisierung. Für viele Verwaltungskräfte war die konkrete Befassung mit dem Thema Digitalisierung im Kontext mit den Vorstellungen der Bürgerschaft neu. Im Ergebnis löste das systematische Vorgehen zur Erstellung der Digitalisierungsstrategie einen Schub zur Modernisierung der Kommunen mit ihrer Verwaltung aus, der insbesondere von der Bürgerschaft mitgetragen wurde.

Franz-Reinhard Habbel
Beigeordneter a.D. des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Sie erreichen den Autor unter der Mailadresse: Franz-Reinhard.Habbel@Habbel.de