Fachinformationen Kommunalverfassungsrecht

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HGO-Novelle

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur Verbesserung der politischen Teilhabe von ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern an der Kommunalpolitik sowie zur Änderung kommunal- und wahlrechtlicher Vorschriften (Drucksache 20/1644)

Dem Hessischen Städte- und Gemeindebund liegt aktuell der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur Verbesserung der politischen Teilhabe von ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern an der Kommunalpolitik sowie zur Änderung kommunal- und wahlrechtlicher Vorschriften zur Stellungnahme vor.

Gegenstand des Gesetzentwurfes sind verschiedene grundsätzliche Änderungen in der Hessischen Gemeindeordnung sowie der Hessischen Landkreisordnung. Darüber hinaus sind in dem Gesetzentwurf Änderungen im Landtagswahlgesetz sowie dem Kommunalwahlgesetz vorgesehen.

Dem Gesetzentwurf liegen einige Änderungsvorschläge, die der Hessische Städte- und Gemeindebund im Vorfeld vorgetragen hat, zugrunde. Allerdings haben einige wichtige Forderungen des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, wie z.B. der Wegfall der Hinweisbekanntmachung, die Erleichterung der Möglichkeit zur Verkleinerung der Kommunalparlamente, die Änderung des Abrechnungsverfahrens bei Verdienstausfall sowie die Präzisierung der anzuwendenden Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes bei mittelbaren Wahlen, keine Berücksichtigung gefunden.

Im Einzelnen sind folgende Änderungen hervorzuheben:

Änderungen in der Hessischen Gemeindeordnung

  • Es sollen erstmals Kriterien für die Anerkennung einer Stadt als „kreisfreie Stadt“ und „Sonderstatus – Stadt“ festgeschrieben werden (§ 4 a HGO neu).
  • Es wird klargestellt, dass ein Bürgerentscheid über die Frage, ob vom einmaligen auf den wiederkehrenden Straßenbeitrag gewechselt werden soll oder umgekehrt möglich ist (§ 8 b Abs. 2 Nr. 4 HGO neu).
  • Bei freiwilligen kommunalen Zusammenschlüssen wird den hauptamtlichen Wahlbeamten ein Anspruch darauf eingeräumt, für den Rest ihrer Amtszeit als hauptamtlicher Beigeordneter in der aufnehmenden oder neu gebildeten Gemeinde tätig zu werden. Sie behalten für diese Zeit den Anspruch auf ihre bisherige Besoldung (§ 16 Abs. 3 HGO neu). In diesem Fall kann auf die Bestellung eines Staatsbeauftragten durch die Kommunalaufsicht verzichtet werden (§ 17 HGO neu). Die Grenzänderungsverträge sollen im Übrigen künftig durch die obere Aufsichtsbehörde im Staatsanzeiger für das Land Hessen und durch die beteiligten Gemeinden nach den für ihre Satzungen geltenden Vorschriften öffentlich bekannt gemacht werden (§ 17 HGO neu).
  • Die 3-monatige Mindestwohnsitzdauer für die Ausübung des aktiven Wahlrechtes wird auf 6 Wochen verringert (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGO neu). Für die Wählbarkeit wird der Mindestaufenthalt im jeweiligen Wahlkreis von 6 Monaten auf 3 Monate abgesenkt (§ 32 Abs. 1 Satz 1 HGO neu).
  • Es wird klargestellt, dass unabhängig vom Zeitpunkt des Wegfalls einer Voraussetzung der Wählbarkeit diese stets zu einem Verlust der Rechtsstellung eines Vertreters bzw. zur Beendigung einer ehrenamtlichen Tätigkeit für die Gemeinde führt (§ 33 HGO neu).
  • In den Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern wird die Fraktionsmindeststärke von „zwei“ auf „drei“ erhöht (§ 36 a Abs. 1 Satz 4 HGO neu).
  • Im Rahmen der „Beschränkung“ der Wählbarkeit (Inkompatibilität) der Mandatsträger wird klargestellt, dass nunmehr Arbeitnehmer ab der Entgeltgruppe 9 der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im kommunalen Bereich von der Regelung erfasst werden (§ 37 HGO neu).
  • Gemeindebedienstete sollen künftig nicht mehr berechtigt sein, an den nicht öffentlichen Sitzungen des Wahlvorbereitungsausschusses teilzunehmen (§ 42 Abs. 2 Satz 2 HGO neu).
  • Schriftliche Anfragen an den Gemeindevorstand sollen künftig auch durch E-Mail erlaubt sein (§ 50 Abs. 2 Satz 4 HGO neu).
  • Bei nicht öffentliche Sitzungen der Gemeindevertretung entscheidet der Vorsitzende der Gemeindevertretung über die Beiziehung von Gemeindebediensteten (§ 52 Abs. 1 HGO neu). Er ist von der Zustimmung des Bürgermeisters abhängig. Über die Verweisungen in § 82 Abs. 6 HGO und in § 62 Abs. 5 HGO gilt diese Änderung auch für die Sitzungen des Ortsbeirats und der Ausschüsse der Gemeindevertretung entsprechend.
  • Künftig ist bei der Erstellung der Geschäftsordnung der Gemeindevertretung den Belangen der Vereinbarkeit von Familie und Mandatsausübung Rechnung zu tragen (§ 60 Abs. 1 HGO neu).
  • Eine Offenlegung der Niederschrift soll künftig entbehrlich sein. Ausreichend ist es, eine Kopie der Niederschrift an alle Gemeindevertreter schriftlich oder elektronisch zu übersenden (§ 61 Abs. 3 HGO neu).
  • Der Ortsbeirat soll künftig lediglich zu einem viermaligen Tagen pro Jahr verpflichtet sein (§ 82 Abs. 6 Satz 1 HGO neu).
  • Darüber hinaus sind verschiedene Änderungen bezüglich der kommunalen Ausländerbeiräte vorgesehen.

Die Wahl der Ausländerbeiräte soll künftig gleichzeitig mit den Kommunalwahlen stattfinden. Die jetzt bestehende Legislaturperiode der Ausländerbeiräte wird insoweit verlängert (§ 149 Abs. 3, 4 HGO neu).

Den Gemeinden mit mehr als 1000 gemeldeten ausländischen Einwohnern wird grundsätzlich ein Wahlrecht eingeräumt, einen Ausländerbeirat oder eine Integrations-Kommission einzurichten. Die Verpflichtung zur Einrichtung eines Ausländerbeirates soll entfallen, wenn eine Kommission zur Integration der ausländischen Einwohner (Integrations-Kommission nach § 89 HGO neu) gebildet wird (§ 84 HGO neu).

Sofern im Vorfeld einer gemeindlichen Ausländerbeiratswahl keine Wahlvorschläge eingereicht werden, besteht künftig die Verpflichtung, eine Integrations-Kommission einzurichten. Den betroffenen Gemeinden soll es insoweit freistehen, die Integrations-Kommission nur für fünf Jahre bzw. für die restliche Dauer der Ausländerbeirats-Wahlzeit einzurichten, um es sodann erneut mit der Wahl eines Ausländerbeirats zu versuchen oder aber durch Änderung der Hauptsatzung (vgl. § 84 HGO neu), den Wechsel der Beteiligungsform auf Dauer zu vollziehen.

Sowohl der Ausländerbeirat als auch die Integrations-Kommission sollen die Organe der Gemeinde in allen Angelegenheiten, die ausländische Einwohner betreffen, beraten. Darüber hinaus sollen Ausländerbeirat und die Integrations-Kommission berechtigt sein, Anträge an die Gemeindevertretung zu richten.

Die Integrations-Kommission soll grundsätzlich eine Kommission i.S.d. § 72 HGO darstellen. Die vorgesehene gesetzliche Neuregelung sieht allerdings einige speziellere Regelungen vor (§ 89 HGO neu). So soll die Kommission mindestens zur Hälfte aus sachkundigen Einwohnern, die von der Gemeindevertretung auf Vorschlag der Interessenvertretungen der Migranten gewählt werden, bestehen. Für den Fall, dass Vorschläge nicht in ausreichender Zahl abgegeben werden, soll die Gemeindevertretung Vorschläge machen. Die Hälfte der Gewählten soll weiblichen Geschlechts sein. Außerdem soll bei der Wahl nach Möglichkeit die Pluralität der ausländischen Einwohner berücksichtigt werden.

Den Vorsitz der Integration-Kommission soll der Bürgermeister gemeinsam mit einem von der Personengruppe der sachkundigen Einwohnern gewählten Co-Vorsitzenden führen.

Die Integrations-Kommission soll mindestens viermal im Jahr zusammentreten und dem Gemeindevorstand und der Gemeindevertretung einmal im Jahr über den Stand der Integration der ausländischen Einwohner berichten.

Die Mindestwohnsitzdauer für das aktive Wahlrecht sowie die Wählbarkeit werden, wie bei den Wahlen für die „Kommunalparlamente“, entsprechend herabgesetzt (vgl. vorstehende Ausführungen zu §§ 30, 32 HGO neu).

Änderungen im Hessischen Kommunalwahlgesetz:

  • Die Gemeindevorstände sollen künftig für die Vorbereitung der Kommunalwahlen die Möglichkeit erhalten, zum Zwecke der Berufung als Mitglieder der Wahlvorstände Auskunft von den Behörden des Landes, der Gemeinden, der Landkreise sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts darüber zu erhalten, welche Bediensteten im Gebiet der ersuchenden Gemeinde wohnen (§ 6 Abs. 5 KWG neu).
  • Es wird klargestellt, dass sich nicht nur die Namen bereits bestehender Parteien und Wählergruppen deutlich unterscheiden sollen, sondern auch deren Kurzbezeichnungen, da die Parteien und Wählergruppen vornehmlich durch ihre Kurzbezeichnung in der Öffentlichkeit und in der Wahlwerbung in Erscheinung treten (§ 11 Abs. 1 Satz 2 KWG neu).
  • Um zu gewährleisten, dass Wahlvorschläge nicht in einem zu großen zeitlichen Abstand zu den Wahlen aufgestellt werden und damit unter Umständen nicht mehr dem Willen der zur Aufstellung berufenen Mitglieder und der Vertreter einer Partei oder der Wählergruppe entsprechen, sollen für die Aufstellung der Wahlvorschläge für die allgemeinen Kommunalwahlen Aufstellungsfristen eingeführt werden. Mit der Wahl der Vertreter für die Vertreterversammlung darf künftig nicht früher als 18 Monate und mit der Aufstellung der Bewerber für die Wahlvorschläge nicht früher als 15 Monate vor Ablauf der Wahlzeit begonnen werden (§ 12 Abs. 1 Satz 2 KWG neu). Für die Direktwahlen und Ausländerbeiratswahlen gilt die Vorschrift über die Verweisungen in § 41 Satz 1 KWG und § 61 KWG entsprechend.
  • Zukünftig soll entsprechend dem Bundestags- und Landtagswahlrecht auch bei Kommunalwahlen die Beifügung der Zustimmungserklärung der Bewerber bereits zum Einreichungsschluss der Wahlvorschläge verpflichtend sein. Fehlt die Zustimmungserklärung, so soll der Wahlvorschlag insoweit ungültig sein (§ 14 Abs. 2 KWG neu).
  • Künftig sollen gewählte Bewerber auch dann von der Verteilung der Sitze ausgeschlossen sein, wenn sie vor dem Erwerb der Rechtsstellung eines Vertreters gegenüber dem Wahlleiter schriftlich ihren Verzicht auf ihre Anwartschaft erklärt haben (§ 22 Abs. 6 KWG neu).
  • Ein Verlust der Rechtsstellung eines Vertreters soll immer dann eintreten, wenn eine Voraussetzung der jederzeitigen Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Begleitung öffentlicher Ämter wegfällt oder eine Inkompatibilität eintritt. Dabei soll nicht entscheidend sein, wann eine der Voraussetzungen fehlt bzw. wann ein Hinderungsgrund eintritt (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG neu).
  • Erklärt das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes eine Partei oder eine ihrer Organisationen für verfassungswidrig, so sollen nicht nur bereits in das „Kommunalparlament“ eingerückte Gemeindevertreter, die aufgrund eines Wahlvorschlags dieser Partei oder Teilorganisation gewählt wurden, ihren Sitz verlieren, sondern auch nachrückende Bewerber ihre Anwartschaft auf einen Sitz (§ 35 Abs. 1 KWG neu).
  • Es wird klargestellt, dass die Aufgaben der Wahlorgane für die Ausländerbeiratswahl von den Wahlorganen für die Gemeindewahl wahrgenommen werden (§ 60 KWG neu).
  • Für die Ausländerbeiratswahlen soll künftig geregelt werden, dass für den Fall, dass die Zahl der Wähler in einem Wahlbezirk so gering ist, dass erkennbar sein kann, wie einzelne Wähler gewählt haben, abweichend von § 20 Abs. 1 KWG die Ermittlung des Wahlergebnisses im Wahlbezirk mit der Ermittlung der Ergebnisse anderer Wahlbezirke verbunden werden kann (§ 63 a KWG neu).

Änderungen im Hessischen Landtagswahlgesetz:

  • Die Mindestwohnsitzdauer für die Ausübung des aktiven Wahlrechtes wird von 3 Monaten auf 6 Wochen herabgesetzt. Für die Wählbarkeit wird die einjährige Mindestwohnsitzdauer auf drei Monate herabgesetzt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LWG neu; § 4 LWG neu).
  • Zur Erleichterung der Bestellung der Wahlvorstände soll den Gemeindebehörden neben dem Zugriff auf die im Rahmen der Bundestagswahl erhobenen Daten auch bei Landtagswahlen ein eigenständiger Auskunftsanspruch im Vorfeld der jeweiligen Wahl gewährt werden. Die Behörden des Landes, der Gemeinden, der Landkreise sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sollen auf Ersuchen der Gemeindebehörden verpflichtet sein, aus dem Kreis ihrer Bediensteten unter Angabe von Name, Vorname, Geburtsdatum und Anschrift zum Zweck der Berufung als Mitglieder der Wahlvorstände Personen zu benennen, die im Gebiet der ersuchenden Gemeinde wohnen (§ 15 Abs. 5 LWG neu).
  • Die Wahl der Vertreter für die Vertreterversammlung für die Landtagswahl darf künftig frühestens 41 Monate und die Aufstellung der Bewerber und Ersatzbewerber frühestens 44 Monate nach Beginn der Wahlperiode des Hessischen Landtags stattfinden (§ 22 Abs. 4 LWG neu).
  • Erklärt das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes eine Partei oder eine ihrer Teilorganisationen für verfassungswidrig, so sollen nicht nur die bereits aktiven Abgeordneten, die aufgrund eines Wahlvorschlags dieser Partei oder Teilorganisation gewählt worden sind, ihren Sitz verlieren, sondern auch nachrückende Bewerber und Ersatzbewerber ihre Anwartschaft (§ 41 Abs. 1 LWG neu).

Wir haben den Gesetzentwurf untenstehend beigefügt.

Anregungen können über die E-Mail-Adresse hsgb@hsgb.de an uns herangetragen werden.

Bitte beachten, dass es sich derzeit lediglich um einen Gesetzentwurf handelt. Sobald dieser in Kraft tritt, werden wir hierüber gesondert berichten.

Mit der Bitte um Beachtung.

 

Hessischer Landtag Gesetzentwurf Gesetz zur Verbesserung der politischen Teilhabe von ausländischen Einwohnern

Stellungnahme des Hessischen Städte- und Gemeindebundes