Fundtiere
Übernahme von Kosten für die Unterbringung von Tieren
Zuletzt mit Eildienstmitteilungen ED 46 vom 22.04.2014 sowie ED 54 vom 23.03.2016 haben wir über die Rechtsprechung in Bezug auf die Kostentragungspflicht der Fundbehörden zur Betreuung von aufgefundenen Tieren berichtet.
Wie insbesondere in ED 54 vom 23.03.2016 dargestellt, haben bereits das VG
Gießen (Urt. v. 02.03.2016, Az.: 4 K 84/15.GI – abgedr. in HSGZ 2016, S. 403) als auch das VG Darmstadt (Az.: 5 K 1891/15.DA) Klagen von Tierschutzvereinen bzw. Tierschützern zur Übernahme von Kosten zur Unterbringung von Fundtieren gegenüber den Kommunen abgelehnt.
Nunmehr hat der VGH Kassel in seinem Beschluss vom 17.05.2017 (Az.:
8 A 1064/14) diese Auffassung bestätigt. Der VGH macht in dieser Entscheidung deutlich, dass kein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber den Kommunen als Träger der Fundbehörden besteht, soweit es sich nicht um Fundtiere handelt.
Eine Inanspruchnahme der Kommune kann nur dann erfolgen, wenn die Grundsätze der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) vorliegen. Die Gemeinde ist gemäß § 27 b Hess.AGBGB als Fundbehörde und damit gemäß
§ 967 BGB verpflichtet, Fundsachen entgegenzunehmen, zu erhalten und zu verwahren. Voraussetzung hierfür ist allerdings, das tatsächlich ein Fundverhältnis vorliegt, die Sache bzw. das Tier also einem Eigentümer zuzuordnen ist. Soweit nicht festgestellt werden kann, dass diese noch einen Eigentümer haben und damit Fundtiere sind, kann eine Verpflichtung der Behörden nicht gesehen werden. Insofern verweist der VGH auch ausdrücklich darauf, dass mittlerweile eine große Population von entlaufenen und ausgesetzten Katzen existiert. Aufgrund der Anzahl der mittlerweile verwildert lebenden Katzen muss nach Beweislastgrundsätzen derjenige die Anspruchsvoraussetzungen beweisen, auf die er sich beruft. Soweit Tierschützer und Tierheime einen Aufwendungsersatzanspruch gegen Fundbehörden in Bezug auf die Übernahme von Unterbringungs- und Verpflegungskosten für Fundtiere geltend
machen, trifft sie die materielle Beweislast, dass es sich tatsächlich um Fundtiere und nicht um herrenlose oder wild lebende Tiere handelt.
Der VGH geht auch darauf ein, dass die Fundbehörden keine Beweislastumkehr trifft, da sie selbst nicht die Unaufklärbarkeit der Herkunft der Katzen verursacht hat. Im Übrigen würde das Ergebnis, dass alle aufgefundenen Tiere als Fundtiere zu qualifizieren sind, eine erhebliche Belastung der Haushalte der Kommunen darstellen und den Bewertungen des Fundrechtes widersprechen.
Auch aus der grundgesetzlichen Staatszielbestimmung des Tierschutzes (Art. 20 a GG) ist keine andere Beweislastregelung ableitbar. Das Fundrecht bezweckt keinen Tierschutz, sondern Eigentumsschutz und rechtfertigt die Inanspruchnahme der Gemeinden als Träger der Fundbehörden und damit deren wirtschaftliche Belastung nur zum Schutz des Eigentums, nicht aber zum Zwecke des Tierschutzes. Das Fundrecht ist nicht geeignet, Tierschutz zu verwirklichen, weshalb es nicht geboten ist, seine Normen im Sinne des Tierschutzes zu verstehen.
Die Fundbehörde ist auch nicht Adressat des Tierschutzgesetzes. Weder besteht eine Betreuungspflicht der Fundbehörde noch kennt das Tierschutzgesetz eine allgemeine Hilfeleistungspflicht für verletzte Tiere.
Ebenso besteht keine Verpflichtung zur Behandlung aus dem allgemeinen Ordnungs- und Polizeirecht. Die Verletzung der Tiere stellt in der Regel keine Störung der öffentlichen Ordnung dar. Die öffentliche Ordnung ist die Gesamtheit der unbeschriebenen Normen für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung nach der jeweils herrschenden Anschauung als unentbehrliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens angesehen wird. Eine allgemein herrschende ungeschriebene Norm, die es gebietet, allen verletzten, leidenden Tieren zu helfen, ist nicht feststellbar. Dort wo durch den Tod eines Tieres nur die Natur ihren Lauf nimmt, besteht keine gesellschaftlich anerkannte Norm, die dazu verpflichtet einzugreifen und dem Tier zu helfen. Das Leiden und das Ableben des Tieres werden in diesen Fällen als natürlicher Vorgang betrachtet. Entsprechend sieht auch § 45 Abs. 5 BNatSchG nur die Befugnis jedermanns vor, verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufzunehmen, um sie gesund zu pflegen. Eine gesetzliche Pflicht besteht nicht.
Auch entgegen der Argumentation des OVG Greifswald (Urt. v. 21.01.2011, Az.:
3 L 272/06) kann nicht von einer Anscheinsgefahr und damit von einer sog. „Anscheinsfundsache“ ausgegangen werden.
Im Übrigen muss im Rahmen der Geltendmachung von Aufwendungsersatzansprüchen aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag die Geschäftsbesorgung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen. Insoweit hat bereits das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 06.09.1988, Az.: 4 C 5/86) entschieden, dass ein Träger öffentlicher Verwaltung nicht durch private Initiative im Hinblick auf das „Ob“ und „Wie“ einer konkreten Maßnahme vor vollendete Tatsachen gestellt werden darf, wenn der Behörde in dieser Hinsicht ein Ermessen eingeräumt ist.
Letztlich hat der VGH in seinem Beschluss deutlich gemacht, dass kein Aufwendungserstattungsanspruch für Unterbringungs- und Behandlungskosten von aufgefundenen Tieren gegenüber den Kommunen als Träger der Fundbehörden besteht, soweit es sich nicht tatsächlich um Fundtiere im Sinne des Fundrechtes handelt. Die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast trifft hier den jeweiligen Anspruchsteller.
Die Entscheidung des VGH werden wir in Kürze in einer unserer nächsten Ausgabe der Hessischen Städte- und Gemeindezeitung veröffentlichen.