„Streunerkatzen“ keine Fundtiere
Das VG Gießen hat über die Frage entschieden, wer die Kosten für die Behandlung herumstreunender Katzen beim Tierarzt tragen muss (Urt. v. 02.03.2016, Az.: 4 K 84/15.GI).
Eine Tierschützerin hatte im Jahr 2014 mehrere, auf einem verlassenen Gehöft lebende Katzen, um die sich niemand kümmerte, wegen deren aus ihrer Sicht schlechtem Zustand eingefangen und im Tierheim behandeln, kastrieren und chippen lassen, wofür ihr Kosten i. H. v. 1.215,59 Euro in Rechnung gestellt wurden. Diesen Betrag klagte sie gegen die Gemeinde mit der Begründung ein, ihr stehe ein Aufwendungsersatzanspruch zu, weil sie mit der Unterbringung und Behandlung der Tiere im Tierheim eine Aufgabe der Gemeinde wahrgenommen habe.
Das VG Gießen hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts handelte es sich bei den Katzen nach den Umständen des Einzelfalls nicht um Fundtiere, so dass der Klägerin kein Aufwendungsersatzanspruch nach dem Fundrecht des BGB zusteht. Eine Katze könne nur dann als Fundtier qualifiziert werden, wenn sie entweder an einem für Katzen ungewöhnlichen Ort oder einem fremden Ort oder in hilfloser Lage vorgefunden werde. Dies habe hier nicht vorgelegen. Schon die Tatsache, dass die Katzen hätten eingefangen werden müssen, um in ihren Besitz zu gelangen, belege, dass es sich nicht um Fundtiere gehandelt habe. Die Klägerin habe auch keinen Ersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das VG Gießen hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zugelassen. Diese muss binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe eingelegt werden. Für die Entscheidung über das Rechtsmittel ist der VGH Kassel zuständig.
In einem ähnlich gelagerten Fall vor dem VG Darmstadt (Az.: 5 K 1891/15.DA) hat der klagende Tierschutzverein seine Klage auf Übernahme der Kosten für die Unterbringung und Behandlung von einer wild lebenden Mutterkatze mit ihren sieben Jungtieren zurückgenommen, da letztlich kein Nachweis erbracht werden konnte, dass es sich tatsächlich um Fundtiere handelte. In diesem Fall hatte eine wild lebende Katze auf einem Werksgelände ihre Jungen zur Welt gebracht und diese wurden vom Tierschutzverein versorgt. Nach den eigenen Darstellungen des Tierschutzvereines wurde die Mutterkatze später „wieder ausgewildert“. Vor diesem Hintergrund hatte das VG Darmstadt deutlich gemacht, dass die Klägerin hier einen Nachweis erbringen muss, dass es sich tatsächlich um Fundtiere handelt. Da dieses nicht geschehen konnte, hat die Klägerin die Klage zurückgenommen.
Beide Verfahren zeigen, dass es letztlich im Einzelfall darauf ankommt, ob es sich tatsächlich bei den „aufgefundenen Tieren“ um Fundtiere im Sinne des Fundrechts handelt. Nicht jede Aufwendung in Bezug auf die Unterbringung und Versorgung von Tieren ist als Aufgabe der Fundbehörde zu werten. Insofern ist zu beachten, dass zwischenzeitlich eine hohe Zahl von wild lebenden bzw. streunenden Katzen existiert, die auf den Straßen bzw. auf dem Land geboren werden und niemals einen Eigentümer hatten. Zwar ist die genaue Zahl der verwilderten Katzen nicht bekannt, jedoch wird von Seiten des Landestierschutzverbandes die Population auf 400.000-500.000 verwilderte Katzen allein in Hessen geschätzt (Quelle: FAZ vom 07.08.2015). In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass in ländlichen Gebieten auf 100 Einwohner bis zu 2,5 verwilderte Katzen kommen. Der deutsche Tierschutzbund schätzt die Zahl der streunenden und wildlebenden Katzen deutschlandweit auf ca. 2 Mio. Das o. g. Urteil des VG Gießen macht deutlich, dass eine Verpflichtung der Fundbehörden für derartige wildlebende und streunende Katzen nicht besteht und Kostenan-sprüche diesbezüglich zurückzuweisen sind.
Des weiteren möchten wir darauf hinweisen, dass derzeit vor dem VGH Kassel (Az.: 8 A 1064/14) ein Verfahren anhängig ist, in dem es um die Frage der Abgrenzung zwischen Fundtieren und wild lebenden Tieren geht und letztlich die Frage inwieweit Kommunen verpflichtet sind im Rahmen des Fundrechtes und der daraus resultierenden öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag die Kosten für die Betreuung und Unterbringung derartiger Tiere zu übernehmen.
Soweit eine Entscheidung vorliegt, werden wir hierüber berichten.
Soweit Kosten für die Behandlung und Unterbringung von aufgefundenen Tieren in Rechnung gestellt werden, sollte konkret geprüft werden, ob es sich tatsächlich um Fundtiere oder um streunende und wildlebende Tiere handelt. Im Übrigen verweisen wir nochmals darauf, dass entsprechende Pauschalverträge zur Aufnahme von aufgefundenen Tieren mit den örtlichen Tierheimen bzw. Tierschutzverbänden abgeschlossen werden sollten.