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Vertragsrecht: Zum Wiederkaufsrecht der Gemeinde beim Einheimischenmodell

Der Bundesgerichtshof hat sich am 26.06.2015 – Az.: V ZR 271/14 – in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, inwieweit eine 20 Jahre überschreitende Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts der Gemeinde in einem zum Zwecke der Errichtung von Eigenheimen im Einheimischenmodell mit Einzelpersonen abgeschlossenen Kaufvertrag gegen das Gebot einer angemessenen Vertragsgestaltung verstößt, wenn dem Käufer ein nur geringer Preisnachlass (weniger als 20 % gegenüber dem Verkehrswert) gewährt wurde.

Mit notariellem Vertrag vom 22.08.1985 verkaufte die beklagte Gemeinde an die Kläger ein 418 qm großes unbebautes Grundstück zu einem Preis von 170,00 DM pro Quadratmeter. In diesem Vertrag war eine Verpflichtung der Kläger enthalten, das Grundstück entsprechend dem künftigen Bebauungsplan mit einem Einzel- oder Doppelhaus mit maximal zwei Wohneinheiten zu bebauen. Die Stadt behielt sich ein Wiederkaufsrecht mit einer Ausübungsfrist von 30 Jahren seit der Eintragung der Kläger im Grundbuch als Eigentümer für den Fall eines Weiterverkaufs vor. Nach dem Vertrag waren von dem Wiederkaufsrecht Veräußerungen an Kinder, Kindeskinder oder deren Ehegatten ausgenommen. Für den Fall, dass das Wiederkaufsrecht durch die Gemeinde ausgeübt wird, wurde vereinbart, dass diese den Kaufpreis zuzüglich eines nach dem Anstieg der Lebenshaltungskosten bemessenen Zuschlag, den Verkehrswert der Aufbauten und der Außenanlage sowie die von den Klägern aufgewendeten Erschließungskosten zu zahlen hat. Im November 2006 informierten die Kläger die Beklagte, dass sie beabsichtigen, das Grundstück zu einem Preis von 450.000,00 Euro zu verkaufen. Daraufhin teilte die Beklagte mit, dass sie ihr Wiederkaufsrecht ausüben werde und bot den Beklagten gleichzeitig an, die Ausübung durch Zahlung eines Ausgleichsbetrages abzuwenden. Die Parteien einigten sich darauf, dass die Kläger unter Vorbehalt der Rückforderung den geforderten Ausgleichsbetrag an die Beklagte zahlen, die ihrerseits die Löschung des Wiederkaufsrechts bewilligte. Mit der Klage begehren die Kläger die Rückzahlung dieses Ausgleichsbetrags von der Beklagten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben und gleichzeitig die Revision zugelassen.

Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision hatte jedoch keinen Erfolg und bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts. Der zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat einen Anspruch der Kläger auf Rückzahlung des Ausgleichsbetrages nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB bejaht. Das im vorliegenden Grundstückskaufvertrag vereinbarte Wiederkaufsrecht mit einer 30-jährigen Ausübungsfrist stelle eine unangemessene Vertragsgestaltung im Sinne des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB dar. Die Vorschrift des Baugesetzbuchs sei unmittelbar anzuwenden, weil der vorliegende Grundstückskaufvertrag ein städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB sei. Da die beklagte Gemeinde den Klägern das Grundstück als Bauplatz verkauft habe und ihnen eine Bauverpflichtung nach den Vorgaben eines (künftigen) Bebauungsplans auferlegt habe, sei der erforderliche Zusammenhang mit der gemeindlichen Bauleitplanung gegeben, der für einen städtebaulichen Vertrag erforderlich sei. Zudem habe der verbilligte Verkauf der Sicherung der Bauleitplanung im Wege einer Förderung des (einheimischen) Wohnungsbaus durch die damals ortsansässigen Kläger gedient.

Dass die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde zur Sicherung des mit der verbilligten Abgabe des Grundstücks als Bauland im Einheimischenmodell verfolgten städtebaulichen Ziels grundsätzlich nicht gegen das Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung in § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB verstoße, entspreche der ständigen Rechtsprechung des Senats. Gegen dieses Gebot verstoße jedoch die vereinbarte Ausübungsfrist für das Wiederkaufsrecht (§ 503 S. 2 BGB a. F.; nunmehr § 462 S. 2 BGB) von 30 Jahren. Diese Frist sei angesichts der Höhe nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gewährten Verbilligung (von einem Verkehrswert von 198,00 DM/m² zu einem Kaufpreis von 170,00 DM/m²) von 14,14 % unverhältnismäßig lang.

Beschränkungen, die die öffentliche Hand dem Subventionsempfänger auferlege, entsprechen dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung, wenn sie geeignet und erforderlich seien, um die mit dem Einheimischenmodell zulässigerweise verfolgten Zwecke im Bereich der Wohnungsbau-, Siedlungs- oder Familienpolitik für einen angemessenen Zeitraum sicherzustellen. Die dem Käufer auferlegten Bindungen dürften allerdings nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen. Die Zeit für die Ausübung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde müsse deshalb begrenzt sein und die vereinbarte Ausübungsfrist in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe der durch den Preisnachlass dem Käufer gewährten Subvention stehen.

Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Senat bei Grundstücksverkäufen an Einzelpersonen im Einheimischenmodell zur Errichtung von Eigenheimen eine Bindungsfrist zur Sicherung der Ziele der Bauleitplanung von 15 Jahren für zulässig erachtet (Urteil vom 20.11.2002 – V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105), eine 30 Jahre übersteigende Dauer dagegen in aller Regel als unverhältnismäßig angesehen (Urteil vom 21.10.2010 – V ZR 48/10, NJW 2011, 515 Rdnr. 18; Urteil vom 20.05.2011 – V ZR 76/10, NJW-RR 2011, 1582, Rdnr. 20).

Eine über 20 Jahre hinaus gehende Bindung des Käufers hat der Senat bisher nur dann für verhältnismäßig erachtet, wenn die Höhe der dem Käufer gewährten Subvention deutlich über die bei dem Einheimischenmodell üblichen Abschläge von bis zu 30 % gegenüber dem Verkehrswert hinaus gegangen waren. In Entscheidungen, in denen den Käufern eine Subvention in der vorliegenden Größenordnung gewährt worden sei, war es um Bindungsfristen von 10 Jahren gegangen. In diesem Zusammenhang wurde bereits durch den Senat festgestellt, dass einer Bindungsfrist von 10 Jahren zur Sicherung der mit dem Einheimischenmodell von der Gemeinde verfolgten Zwecke ohne Weiteres zulässig sei.

Die Frage, ob eine 20 Jahre überschreitende Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts der Gemeinde noch dem Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung entspricht, wenn sie mit einer verhältnismäßig geringen Subvention einhergeht, hat der Senat bislang noch nicht entschieden und nun verneint.

Der Käufer werde durch das Wiederkaufsrecht der Gemeinde in seiner Verfügungsfreiheit beschränkt. Die durch das Wiederkaufsrecht bewirkte Bindung des Käufers sei der Preis für den verbilligten Erwerb des Grundstücks. Das Äquivalenzverhältnis zwischen den Leistungen der Parteien sei im Vergleich zu anderen (nicht subventionierten) Grundstücksverkäufen zum Nachteil des Käufers erheblich gestört, wenn ihm eine langfristige Bindung durch ein Wiederkaufsrecht auferlegt werden, der keine oder eine nur geringe Vergünstigung beim Kaufpreis gegenüber stehe. Die Gemeinde erlange dadurch einen unverhältnismäßigen Vorteil, dass sie durch Ausübung ihres Wiederkaufsrechts (oder die Forderung einer Ablösezahlung) noch nach Ablauf von mehr als zwei Jahrzehnten, seit dem Verkauf die Vorteile aus den nach der Veräußerung eingetretenen Bodenwertsteigerungen bei dem Käufer abschöpfen könne, der dafür keine adäquate Gegenleistung erhalten habe. Dieses Missverhältnis werde auch nicht dadurch behoben, sondern in seiner Wirkung nur abgemildert, indem die beklagte Gemeinde von den zur Ablösung des Wiederkaufsrechts von den Käufern geforderten Beträge Abschläge vornehme, die umso höher seien, je näher der das Wiederkaufsrecht begründende Weiterverkauf an das Ende der Ausübungsfrist heranrücke.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass eine 20 Jahre überschreitende Ausübungsfrist für ein vereinbartes Wiederkaufsrecht der Gemeinde im vorliegenden Fall gegen das Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung verstößt, wenn dem Käufer ein nur geringer Preisnachlass (weniger als 20 % gegenüber dem Verkehrswert) gewährt wurde. Somit ist die Vereinbarung im notariellen Kaufvertrag unwirksam und die Gemeinde kann daher keine Ausgleichszahlung verlangen.