Hessische Leistungsanreizeverordnung und § 46 Abs. 5 HBesG Leistungsentgelt für Beamte
Nach § 46 Hessisches Besoldungsgesetz (HBesG) besteht die Möglichkeit, Beamtinnen und Beamten der Besoldungsordnung A für besondere Leistungen Leistungsprämien, Leistungszulage oder Sonderurlaub neben der Besoldung zu gewähren. Die Landesregierung wurde nach § 46 Abs. 3 ermächtigt, das Nähere zur Vergabe dafür durch Rechtsverordnung zu regeln. Dies ist inzwischen mit der Leistungsanreizeverordnung geschehen.
Den Kommunen wurde nach § 46 Abs. 5 HBesG die Möglichkeit eröffnet, den kommunalen Beamtinnen und Beamten nach Maßgabe einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung ein Leistungsentgelt zu zahlen. Voraussetzung dafür ist gem. § 46 Abs. 5 Satz 3, dass das betriebliche System einheitlich für Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte gilt und der Dienstherr für Beamte keine Leistungsanreize nach § 46 Abs. 1 gewährt. Allerdings dürfen die Höhe der Beträge und die Dauer der Gewährung die nach der dafür zu erlassenden Verordnung gesetzten Grenzen nicht überschreiten. Fraglich war daher wie das Gesamtvolumen der an Beamtinnen und Beamte auszuzahlenden Leistungsentgelte bestimmt werden soll.
Die Leistungsanreizeverordnung enthielt dazu wider Erwarten keine speziellen Regelungen. Insbesondere die Regelungen unter § 4 und 7 der Leistungsanreizeverordnung sind für den kommunalen Bereich nicht wirklich umsetzbar und lassen sich mit der Regelung unter § 46 Abs. 5 Hessisches Besoldungsgesetz nicht vereinbaren. Nachdem uns auf mehrfaches Befragen seitens des Innenministeriums mitgeteilt worden war, dass es Hinweise zur Anwendung der Gewährung des Leistungsentgeltes an kommunale Beamte gem. § 46 Abs. 5 HBesG geben soll, aber diese noch nicht vorliegen, haben wir eine entsprechende schriftliche Anfrage an das Hessische Ministerium des Innern und für Sport gerichtet.
Darauf erhielten wir mit Schreiben vom 14.09.2016, das wir unten stehend im Wortlaut wiedergeben.
Die kommunale Öffnungsklausel in § 46 Abs. 5 HBesG ermöglicht es den Kommunen im Rahmen einer als Voraussetzung bestehenden Dienstvereinbarung für die Beschäftigtengruppen der Beamten und Angestellten finanzielle Leistungsanreize zu gewähren. Dies entbinde jedoch die Dienstherren nicht von der Beachtung der jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen, sodass damit grundlegende Prinzipien des tariflichen sowie des beamtenrechtlichen Systems nicht außer Kraft gesetzt würden. Die Kommunen hätten deshalb das Wahlrecht, Leistungsanreize nach § 46 Abs. 1 oder nach Abs. 5 HBesG zu gewähren wobei eine Vermischung oder eine doppelte Anwendung nicht möglich sei. § 46 Abs. 5 Satz 4 regele dabei, dass die Höhe der Beträge und die Dauer der Gewährung den in der Leistungsanreizverordnung gesetzten Rahmen nicht überschreiten dürfen. Diese Regelung nehme dabei nicht Bezug auf die in § 7 der Hessischen Leistungsanreizverordnung wiedergegebenen Vergabequote, sodass § 7 der Leistungsanreizeverordnung bei der Anwendung von § 46 Abs. 5 nicht zur Anwendung kommt, aber die in § 4 der Hessischen Leistungsanreizeverordnung gesetzten Grenzen für Leistungsprämien seien auch für kommunale Beamte zu beachten.
Abschließend wird nochmals darauf hingewiesen, dass die avisierten Hinweise zur Erleichterung der Anwendung der Verordnung bei Leistungsentgelten nach § 46 Abs. 5 HBesG in Arbeit wären und man noch in diesem Jahr von einer Veröffentlichung ausgehe.
Wir verweisen nochmals ausdrücklich auf die Regelungen unter § 46 Abs. 5 HBesG wonach das Leistungsentgelt für Beamten eine Dienstvereinbarung voraussetzt, nach der das betriebliche System einheitlich für Beamtinnen und Beamte und Tarifbeschäftigte gilt. Dabei ist zu beachten, dass die nach der Leistungsanreizeverordnung unter § 4 gesetzten Grenzen nicht überschritten werden soweit es Leistungsentgelte für Beamte betrifft und für eine solche Leistungsvergütung im Haushalt Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt wurden oder werden. Ferner sind die Regelungen unter § 46 Abs. 5 Satz 7 und 8 zu beachten, wonach der jährliche Gesamtbetrag des Leistungsentgeltes für Beamte einen in der Dienstvereinbarung festzulegenden Prozentsatz der im Vorjahr an die Beamtinnen und Beamten ausgezahlten Grundgehälter nicht übersteigen darf und der Prozentsatz so festzulegen ist, dass er für die Beamtinnen und Beamten im gleichen Verhältnis Mittel für eine Leistungsvergütung zur Verfügung stellt wie für Tarifbeschäftigte. Es geht also nicht um den gleichen Prozentsatz, sondern um das gleiche Verhältnis der Mittel von Leistungsvergütung zur Vergütung, wonach der Prozentsatz des Gesamtvolumens für das Leistungsentgelt für die Beamten festzulegen ist.
Im Übrigen verweisen wir auf die angekündigten Hinweise des Ministeriums des Innern und für Sport, die wir zeitnah nach Zugang veröffentlichen werden.
Wir bitten um Kenntnisnahme.
Dezernat 1- Bü
Hessisches Ministerium des lnnern und für Sport
An den Hessischen Städte- und Gemeindebund
Hessische Leistungsanreizeverordnung und § 46 Abs. 5 HBesG
Erläuterungen und Anwendungshinweise
Sehr geehrter Herr Schelzke,
sehr geehrte Damen und Herren,
für Ihre Anfrage zur Hessischen Leistungsanreizeverordnung (HLAnreizV) bedanke ich mich und gebe gerne einige ergänzende Erläuterungen zu den Möglichkeiten und Grenzen zur Gewährung von Leistungsbesoldung. Die kommunale Öffnungsklausel in § 46 Abs. 5 HBesG wurde im Rahmen der Dienstrechtsreform in das Hessische Besoldungsgesetz aufgenommen. Sie geht auf die Initiative der Mediatorengruppe Dienstrecht und dort maßgeblich auf die Vertreter der Kommunalseite zurück. Mit dieser Regelung sollte mit Blick auf die zum Teil sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den Kommunen eine größere Flexibilität bei der Gewährung von Leistungsanreizen geschaffen werden.
Abweichend von der üblichen dienstrechtlichen Systematik, nach der die beiden Beschäftigtengruppen aufgrund der strukturellen Unterschiede im Regelfall unterschiedlich behandelt werden, können den Beamtinnen und Beamten und den Tarifbeschäftigten im kommunalen Bereich nahezu im gleichen Umfang finanzielle Leistungsanreize gewährt werden. Voraussetzung ist ein in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung festgelegtes System, das einheitlich für beide Beschäftigtengruppen gilt. Die erforderliche einheitliche Geltung entbindet dabei den Dienstherrn nicht von der Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern ist so zu verstehen, dass eine einheitliche Geltung erzielt werden soll, soweit dies innerhalb des für beide Gruppen geltenden Rahmens möglich ist. Weder sollen damit grundlegende und unverzichtbare Grundprinzipien des tariflichen noch des beamtenrechtlichen Systems außer Kraft gesetzt werden.
Um dem in der Vergangenheit vielfach geäußerten Wunsch nach Entscheidungs- spielräumen nachzukommen, aber auch um der Heterogenität der kommunalen Dienstherren in besonderem Maße Rechnung zu tragen, wurde auf die detaillierte Regelung von Einzelfällen verzichtet. Stattdessen wurden die Vorschriften mit Rücksicht auf die kommunalen Dienstherren bewusst allgemein gefasst. Die besoldungsrechtlichen Regelungen räumen aufgrund dessen den Entscheidungsberechtigten einen weiten Beurteilungsspielraum ein und verzichten u.a. darauf, bestimmte Kriterien zur Leistungsbeurteilung vorzugeben. Diese Entscheidungsspielräume können in eigener Verantwortung, entsprechend den örtlichen Gegebenheiten, genutzt werden.
Dabei ist zu beachten, dass § 46 Abs. 5 HBesG den Kommunen ein Wahlrecht einräumt: Sofern sie Leistungsanreize gewähren möchten, bestehen zwei Möglichkeiten, die nicht kumulativ, sondern alternativ zur Anwendung kommen können. Wird die Entscheidung für die Gewährung der Leistungsbesoldung nach den allgemeinen Regelungen getroffen, ist die HLAnreizV vollumfänglich anzuwenden. Ist die Entscheidung zugunsten der kommunalen Öffnungsklausel gefallen, geben die in § 46 Abs. 5 HBesG genannten Voraussetzungen einen abweichenden Rahmen vor. Eine Vermischung beider Systeme ist aufgrund der Systematik des§ 46 HBesG nicht zulässig (vgl. § 46 Abs. 5 S. 3).
Mit der kommunalen Öffnungsklausel erhalten die Dienstherren die Möglichkeit, bei der Gewährung von Leistungsprämien oder einer nicht ruhegehaltfähigen Zulage nahezu einen Gleichklang zwischen den beiden unterschiedlichen Beschäftigtengruppen zu erzielen, selbstverständlich unter Beachtung der durch den unterschiedlichen Beschäftigtenstatus vorgegebenen Grenzen.
§ 46 Abs. 5 Satz 4 HBesG regelt dabei für den Beamtenbereich, dass die Höhe der Beträge und die Dauer der Gewährung den in der HLAnreizV gesetzten Rahmen nicht überschreiten dürfen. Diese Regelung nimmt gerade nicht Bezug auf die in§ 7 HLAnreizV vorgegebenen Vergabequoten. Bei einer Anwendung der dort geregelten Quoten liefe die kommunale Öffnungsklausel dem Grunde nach ins Leere, weil dann eine vollständige inhaltliche Parallelität zwischen den beamtenrechtlichen Grundsatzregelungen und der Öffnungsklausel für den Kommunalbereich entstünde. ln der Folge wäre bei dieser Auslegung eine gesonderte Öffnungsklausel wirkungslos und damit entbehrlich.
Nicht geteilt wird die Auffassung, dass § 4 HLAnreizV mit § 46 Abs. 5 HBesG nicht in Einklang zu bringen sei. Auf eine Festlegung von Obergrenzen für die Leistungsprämien im Beamtenbereich (§ 4 Abs. 2 HLAnreizV) konnte unter verschiedenen Gesichtspunkten nicht verzichtet werden. Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Dienstherrn, seinen Beamtinnen und Beamten eine amtsangemessene Alimentation zur Deckung des Lebensunterhaltes zu gewähren. Dies ist einerseits Ausdruck des besonderen Dienst- und Treueverhältnisses (Art. 33 Abs. 4 GG), in dem die Beamtinnen und Beamten stehen, dient aber darüber hinaus der Sicherung ihrer Unabhängigkeit und Neutralität. Eine leistungsabhängige Besoldung steht dazu naturgemäß in einem Spannungsverhältnis. Aus diesem Grund waren finanzielle Leistungsanreize, wie die Leistungsprämien, dem Besoldungsrecht bis Ende der 1990er Jahre fremd. Heute werden sie unter engen Voraussetzungen als zulässig angesehen. Dazu gehört u.a., dass sie in ihrer Höhe zu begrenzen sind. Weitere Gründe für die Regelung einer Obergrenze sind in der Gesetzesbegründung zu § 46 Abs. 5 HBesG (vgl. LT-Drs. 18/6558) niedergelegt. Angestrebt wurde nicht nur eine Gleichbehandlung der Beamtinnen und Beamten mit den Tarifbeschäftigten im Kommunalbereich und die Erzielung einer Chancengleichheit für alle, sondern der Besoldungsgesetzgeber hat ebenfalls die Gleichbehandlung der Landes- und Kommunalbeamtinnen und -beamten im Blick behalten. Das bedeutet, bei der Anwendung der kommunalen Öffnungsklausel sind das tarif- und das besoldungsrechtliche System in Einklang zu bringen und dabei die in beiden Systemen bestehenden Grenzen zu beachten. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass aufgrund von rechtlichen Vorgaben für eine Beschäftigtengruppe Einschränkungen für die andere entstehen können. Auf der anderen Seite können beispielsweise Begrenzungen hinsichtlich der Höhe neue Perspektiven an anderer Stelle eröffnen, so dass bei einer guten Haushaltslage möglicherweise mehr Beschäftigte in den Genuss einer Leistungsprämie kommen können.
Die von Ihnen angesprochenen einführenden Hinweise zur Erleichterung der Anwendung der Verordnung sind in der Bearbeitung. Allerdings hatte es sich in der Vergangenheit vielfach als zielführend erwiesen, zunächst erste Anwendungserfahrungen und Rückmeldungen aus der Praxis abzuwarten, um zielgerichtet auf bestehende Auslegungs- und Anwendungsprobleme eingehen zu können. Erfahrungsgemäß bedarf es einiger Monate bis zu einem Jahr der Anwendung einer neuen Regelung bis sich die Probleme in der Anwendungspraxis eingrenzen und benennen lassen.
Die nun von verschiedener Seite an mein Haus herangetragenen, zum Teil sehr unter-schiedlichen Fragestellungen können so Eingang in die Hinweise finden. Von einer Veröffentlichung noch in diesem Jahr wird ausgegangen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Erläuterungen weiterhelfen konnte, stehe aber selbstverständlich weiterhin gerne für einen Austausch über die zum Teil recht komplexen Regelungen der HLAnreizV zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Seifner
Hessisches Ministerium des lnnern und für Sport