Keine Verpflichtung einer Kommune zur Fortführung eines Großmarktes
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Entscheidung vom 24.04.2024 (Az.: 8 CN 1.23) den Antrag eines Marktbetreibers auf Fortführung eines als öffentliche Einrichtung betriebenen Großmarktes abgelehnt. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung verpflichte eine Kommune nicht, einen als öffentliche Einrichtung betriebenen Großmarkt fortzuführen.
Nach Ansicht des Gerichts habe die vorherige Instanz (OVG Münster, Urteil vom 14.06.2023, Az.: OVG 4 D 125/22.NE) richtigerweise angenommen, dass die Satzung der Kommune über die Auflösung des Großmarktes wirksam sei.
Diese Entscheidung ist zu begrüßen, da diese die kommunale Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Selbstverwaltungsgarantie stärkt.
Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht seine mit Urteil vom 27.05.2009 (Az.: 8 C 10.08) zum Offenbacher Weihnachtsmarkt erfolgte Rechtsprechung aufgehoben und hält hieran nicht mehr fest. Diese Entscheidung ist im damaligen Eildienst ausführlich dargestellt werden (ED 105 vom 30.09.2009 sowie ED 44 vom 30.04.2010).
Nach der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts betreibt seit über 86 Jahren die Stadt einen Großmarkt als öffentliche Einrichtung. Rechtsgrundlage ist eine von ihr erlassene Großmarktsatzung. Auf dem Großmarkt bieten mehr als 100 Händler, darunter die Antragstellerin, überwiegend Obst und Gemüse zum gewerblichen Weiterverkauf an. Nach mehrjährigen Diskussionen mit den beteiligten Akteuren entschied die Antragsgegnerin, den Großmarkt aufzulösen. Am 01.07.2021 beschloss der Rat der Stadt die entsprechende Satzungsänderung mit Wirkung zum 31.12.2024.
Der hiergegen gerichtete Normenkontrollantrag der Antragstellerin wurde vom OVG Münster abgelehnt. Die Auflösung des Großmarkts durch die Änderungssatzung sei durch die Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung gedeckt. Eine Pflicht zum Weiterbetrieb des Großmarktes ergebe sich weder aus dem nordrhein-westfälischen Landesrecht noch aus dem Grundgesetz.
Die Revision der Antragstellerin ist ebenfalls erfolglos geblieben. Das OVG hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Satzung der Antragsgegnerin über die Auflösung des Großmarktes wirksam ist. Artikel 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Zum Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung gehört kein bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog. Die Gemeinden haben vielmehr die Befugnis, sich grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen.
Im Bereich der freiwilligen Selbstverwaltung umfasst dies zugleich das Recht, eine Aufgabe nicht zu übernehmen oder eine einmal übernommene Aufgabe wieder abzugeben.
Diese Entscheidung ist insofern bedeutsam, da 2009 das BVerwG mit Urteil vom 27.05.2009 der Stadt Offenbach noch untersagt hat, den Weihnachtsmarkt der Stadt zu privatisieren. Angesichts der kommunalpolitischen Relevanz der traditionellen Veranstaltung, so die Richter damals, dürfe sich die Stadt der Verantwortung für die Durchführung nicht endgültig entledigen. Der Senat erklärte, er halte an der Auffassung, Kommunen unter bestimmten Voraussetzungen zur Fortführung einer einmal übernommenen freiwilligen Selbstverwaltungsaufgabe zu verpflichten, nicht mehr fest. Das bedeutet, dass es in der Hand der Kommunalpolitik liegt, ob und wie lokale Märkte weiterentwickelt bzw. fortgeführt werden. Wichtig ist jedoch, dass keine Ungleichbehandlung bzw. Wettbewerbsverzerrungen hierdurch entstehen.
Soweit die vollständige Urteilsbegründung vorliegt, werden wir diese in der HSGZ veröffentlichen.